Keine Österreicher auf Shortlist für Buchpreis
In der Endauswahl für den Deutschen Buchpreis 2015 sind vier deutsche, zwei Schweizer, aber keine österreichischen Autorinnen und Autoren. Chancen auf den Preis, der am 12. Oktober in Frankfurt vergeben wird, haben Jenny Erpenbeck, Rolf Lappert, Inger-Maria Mahlke, Ulrich Peltzer, Monique Schwitter und Frank Witzel.
"Familiäre Fluchtwege und interkontinentale Flüchtlingsschicksale, einstige ideologische Kämpfe und der melancholische Abschied von solchen, Varianten männlicher Liebe und weiblichen Ringens mit der Macht: Die sechs von uns ausgewählten Romane sind bilanzierende Rückschau und kritische Bestandsaufnahme zugleich, die unserer Gegenwart noch im Gewand der Historie - seien das die Kulissen des elisabethanischen Zeitalters, seien das die zwölf Apostel - einen erhellenden Spiegel vorhalten", wurde Jury-Sprecherin Claudia Kramatschek am Mittwoch in einer Aussendung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zitiert.
2005 hatte der Vorarlberger Arno Geiger für "Es geht uns gut" den ersten Deutschen Buchpreis gewonnen. Seinen österreichischen Landsleuten Valerie Fritsch, Gertraud Klemm, Clemens J. Setz und Vladimir Vertlib, die es heuer unter die Top 20 schafften, wird dies nicht gelingen - ebenso wie den prominenten deutschen Autoren Ilija Trojanow und Feridun Zaimoglu, die ebenfalls nicht in die Endauswahl kamen. Mit dem Grazer Droschl Verlag, der den Roman "Eins im Andern" der in Hamburg lebenden Schweizerin Monique Schwitter herausgebracht hat, ist aber noch ein österreichischer Verlag im Rennen.
Die vier Österreicher auf der Longlist
Neben Schwitter (43), die als Schauspielerin u.a. am Grazer Schauspielhaus engagiert war und mit Auszügen ihres unkonventionellen Liebesromans beim heurigen Wettlesen um den Bachmann-Preis vertreten war, hat es auch der 56-jährige Schweizer Rolf Lappert ins Finale geschafft. Für seinen Familienroman "Über den Winter" ist er nach 2008 ("Nach Hause schwimmen") bereits zum zweiten Mal auf der Buchpreis-Shortlist.
Für den Grazer Clemens J. Setz, der mit seinem Mammut-Roman "Die Stunde zwischen Frau und Gitarre" auf der Longlist stand, ist der 1955 in Wiesbaden geborene Frank Witzel der Top-Favorit. In dessen Roman "Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969" "stimmt einfach alles", sagte Setz kürzlich im APA-Interview. "Das Buch ist ungewöhnlich, der Autor ist bisher noch nicht so bekannt, sodass der Preis auch einen Effekt hätte, mit Matthes & Seitz wäre es auch ein guter Verlag, der noch nie den Buchpreis bekommen hat, und es trägt ein Stück deutscher Geschichte in sich - das hatten, glaube ich, bisher noch alle."
Buch der Stunde
Jenny Erpenbecks neuer Roman "Gehen, ging, gegangen" scheint in Deutschland das Buch der Stunde: Mit viel Sympathie erzählt die 48-jährige Berlinerin eine berührende Geschichte über die Asylbewerber vom Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg. In Berlin lebt auch Inger-Maria Mahlke (geboren 1977 in Hamburg): Sein Roman "Wie Ihr wollt" über die kleinwüchsige Mary Grey spielt im England des 16. Jahrhunderts.
Der 58-jährige Krefelder Ulrich Peltzer komplettiert mit "Das bessere Leben" (auf Platz fünf der aktuellen ORF-Bestenliste) das Feld. "Bilderstark, vielstimmig und hochpolitisch" stelle sich der Autor mit seinem Roman "grandios der Komplexität der Wirklichkeit", urteilte die Wochenzeitung Die Zeit.
Aus diesem Kreis wird am Vorabend der Buchmesse der Sieger bzw. die Siegerin gekürt. Die renommierte Auszeichnung ist insgesamt mit 37.500 Euro dotiert: Der Sieger erhält 25.000 Euro, die übrigen Finalisten je 2.500 Euro. Im vergangenen Jahr wurde Lutz Seiler für seinen Roman "Kruso" ausgezeichnet.
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