Detektiv Cormoran Strike: Fast so heimelig wie bei Harry Potter

Bei aller Liebe zu "Weißer Tod", dem vierten Krimi von J.K. Rowling: Er ist zu lang geraten.

1.) Es ist nicht einzusehen, dass jetzt auch Krimiautoren meinen, an die 1000 Seiten zu benötigen, um nichts zu   sagen.
2.) Das gilt auch für J.K. Rowling (Foto oben), die unter dem Pseudonym Robert Galbraith seit 2013 eine Krimiserie schreibt, beginnend mit „Der Ruf des Kuckuck“.
3.) Aber sie darf, denn viel fehlt nicht  mehr, und man versinkt wie einst in ihren Harry Potter-Abenteuern.
KontrastHauptfigur ist Cormoran Strike, ehemals Militärpolizist, jetzt Privatdetektiv in London.
Ein übergewichtiger Riese. Durch eine Sprengfalle in Afghanistan verlor er ein Bein. Er hat eine Boxernase und – seine Worte – Schambehaarung auf dem Kopf. (In der BBC-Verfilmung ist er zu fesch.)
Seine Assistentin ist die kontrastierend hübsche Robin. Sie heiratet – nahezu irrtümlich – einen faden Buchhalter, aber schon beim „Ja“-Wort in der Kirche strahlt sie ihren Chef an, der sich unter die Besucher gemischt hat.
Das Prickeln zwischen Robin und Strike ist Hauptbestandteil jenes guten Gefühls, das sich beim Lesen einstellt.
Der neue Fall? Ach so, der neue Fall! Wird langsam entwickelt. Wird immer spannender. Ist sozialkritisch und sehr bemüht, um etwas anderes zu bieten.

 Vergraben

Ein Geisteskranker  schneit in die Detektei. Es ist nicht allein sein offenes Hosentürl, das ihn etwas seltsam erscheinen lässt: Er erzählt von einem  weit   zurückliegenden Mord an einem Kind, Strike soll beim Haus graben – noch bevor er  verrät, bei welchem Haus, läuft er schreiend weg.
Wie dieser Vorfall zur Erpressung des Sportministers passt, der  die Olypmischen Spiele 2012 vorbereiten soll? Er passt.
(Nein, nein, der Politiker hat kein Kind umgebracht und wird deshalb erpresst. So einfach strickt Rowling nicht.)
Das Ganze wird von ihr entlang von Zitaten aus Henrik Ibsens Drama „Rosmersholm“ erzählt. Nette Idee,  aber  es bleibt trotz Ibsen ein Kriminalroman.
4.) Bei aller Sympathie muss wiederholt werden: „Weißer Tod“ ist zu lang. Aufgebläht mit Informationen wie: Robin mag ihren Kaffee mit Milch, aber ohne Zucker.
Unsereiner wird ihr  nie Kaffee servieren.


Robert Galbraith (= J.K. Rowling:
„Weißer Tod“
Übersetzt von Wulf Bergner, Chistoph Göhler, Kristof Kurz.
Blanvalet.
864 Seiten.
24,70 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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