"Der Zerrissene" in Kobersdorf: Ein Nestroy ohne Sprengstoff

Ein Mann mit Bart und offenem Hemd steht vor einem Heuballen.
Wolfgang Böck als Gluthammer in Nestroys "Der Zerrissene"

Party im Hause des reichen Herrn von Lips! Die Gäste feiern, nur dem Hausherrn ist alles öd: Sinnleere bei hohem Wohlstand.

Nestroys Posse "Der Zerrissene" enthält eine Fülle psychologischer und sozialer Reibungsflächen, die bei den Schloss-Spielen in Kobersdorf ihr Potenzial nur teilweise entfalten. Die Regie von Christine Wipplinger setzt eher auf das G’spaßige, choreografiert oft witzige Arrangements und lässt die Schauspieler ihre sicheren Lacher abkassieren.

Meister darin ist Hausherr Wolfgang Böck, der eine Figur aus einem Guss schafft. Des Schlossers Gluthammer Liebes- und Leidensgeschichte bringt er so treuherzig, als vermeintlicher Mörder des Herrn von Lips, der bei seinem Freund Krautkopf (Wolf Bachofner) Schutz sucht, ist er so naiv fordernd, dass man ihm jede Facette der Gestalt abnimmt.

Die Gier seiner angebeteten Madame Schleyer ( Petra Strasser) offenbart sich eher im Raubtierlook ihres Kostüms. Im Pandämonium der falschen Freunde bleiben Sven Kaschte, Georg Schubert und Clemens Matzka zunächst possenhaft possierlich, bis das Trio zerfällt und Kanten bekommt. Fritz Hammel bringt den Herrn von Lips etwas zu larmoyant über die Rampe, die Nöte der inneren Leere bleiben vage.

Eine wunderbar schlichte, geradlinige Kathi gelingt Sarah Jeanne Babits – keine Unschuld vom Lande, vielmehr eine junge Idealistin fast mit der Aura eines Horváth-Fräuleins.

Eine solide Produktion ohne volle Zündung des Nestroy-immanenten Sprengstoffes.

KURIER-Wertung:

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