„Der Ursprung der Welt“: Wen Courbet tatsächlich gemalt hat
Eines der großen Geheimnisse der Kunstgeschichte ist gelüftet: Die Identität der Dame, deren unverhüllte Scham der französische Maler Gustave Courbet in seinem Meisterwerk „Der Ursprung der Welt“ („L'Origine du monde") zur Schau stellt. Als Modell diente ihm die 34 Jahre alte Tänzerin Constance Quéniaux, wie der französische Literaturwissenschaftler Claude Schopp nun in einem Buch enthüllt hat.
Quéniaux war nach Angaben Schopps eine der Mätressen des türkisch-ägyptischen Diplomaten Khalil-Bey, in dessen Auftrag Courbet 1866 sein weltberühmtes Bild malte. Das Werk gilt als eines der ersten, die eine weibliche Vulva abbilden. Khalil-Bey stellte das Bild nie öffentlich aus, sondern bewahrte es hinter einem Vorhang versteckt in seinem Apartment auf. Auch der nächste Besitzer, der Psychoanalytiker Jacques Lacan, versteckte das Gemälde, diesmal unter einem anderen Bild. Das damals skandalöse Sujet blieb daher einem sehr ausgewählten Publikum vorbehalten - bis zu seinem Eingang ins Musée D'Orsay 1995 war „Der Ursprung der Welt“ der Öffentlichkeit praktisch nie enthüllt worden.
Jahrlang rätselten Forscher und Kunstbegeisterte, wessen Geschlechtsteile Gustave Courbet auf Leinwand verewigte. „Nun haben wir zu 99 Prozent Sicherheit, dass Constance Quéniaux Courbets Modell war", sagte die Grafik-Expertin der französischen Nationalbibliothek, Sylvie Aubenas, der Nachrichtenagentur AFP. Zuvor zirkulierten in der Kunstwelt die Namen diverser anderer Frauen als mögliches Modell für den „ Ursprung der Welt", die aber aus verschiedenen Gründen nicht überzeugten. Der Schriftsteller Schopp kam Quéniaux, einer früheren Tänzerin der Pariser Oper nun durch puren Zufall auf die Schliche, als er einen bisher nicht beachteten Brief des Schriftstellers Alexandre Dumas des Jüngeren auswertete. Darin mokiert sich Dumas über Courbet und sein Modell Quéniaux, die ihm ihr „Inneres" präsentiert habe.
-Bianca Rose
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