So redet der Vater, ein ehemaliger Mathematiker und Professor für Computerwissenschaft. Strenger Mann. Schweigsamer Mensch (an und für sich).
Als der Amerikaner Ray Mendelsohn 81 ist, bekommt er Lust, seine alten Kenntnisse aufzufrischen und Homers „Odyssee“ auf Griechisch zu lesen. Außerdem schrieb er sich an einer Privatuniversität in New York in jenem Seminar ein, das sein Sohn Daniel Mendelsohn - Foto oben - gibt.
Ein Fremder
Daniel Mendelsohn ist Altphilologe und überhaupt ein Wahnsinn – so klug. Neben dem Universitätsjob schrieb als Kritiker für den The New Yorker, für The New York Times, und kürzlich wurde er einer der Chefredakteure der Kulturzeitschrift The New York Review of Books.
Sein Vater war ihm fremd. Er weinte nie. Zeigte nie Gefühle. Wollte immer Recht haben. Zeigte jemand Schwäche (oder wurde krank), mied er ihn fortan .
Mithilfe von Odysseus lernt der nicht mehr so Junge den Alten erstmals kennen, Odysseus schafft die neue Beziehung. Zuerst im Hörsaal, wenn Studenten und Daddy den Klassiker interpretieren ... oft neu interpretieren, was – man würd’s nicht glauben – den größten Reiz von „Eine Odyssee – Mein Vater, ein Epos und ich“ ausmacht. Und danach auf einer Schiffsreise, die Daniel und Ray Mendelsohn zu Homers Plätzen unternehmen.
Wobei sich Vater öffnet und in der Schiffsbar alte amerikanische Songs genießt wie „My Funny Valentine“. Dazu redet er über die Liebe und über seine schöne Ehefrau. Da hat der Sohn aber schön geschaut ...
Ein Jahr später starb Ray Mendelsohn.
Daniel Mendelsohn:
„Eine Odyssee“
Übersetzt von Matthias
Fienbork.
Siedler Verlag.
352 Seiten.
26,80 Euro.
KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern
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