Das Faszinierende an "Breaking Bad"
TV-Serienheld Walter „Walt“ White aus „ Breaking Bad“ ist der Archetypus des modernen Menschen im 21. Jahrhundert. Nicht, dass man das dem kahlgeschorenen, lungenkrebskranken Chemielehrer, der sich vom treu sorgenden Familienvater zum eiskalten Drogenkönig wandelt, auf den ersten Blick ansehen würde. Aber die Figur ist äußerst aktuell. So sieht das zumindest der deutsche Medienpsychologe Daniel Salber, der über „ Breaking Bad“ eine eigene Vorlesung an einer Berliner Privathochschule hält.
Nach Feierabend ein Drogenbaron
„Die ganze Geschichte ist sehr modern. Was bei Walter White so neu ist? Er ist eine neue Auflage von Dr. Jekyll und Mr Hyde. Er führt ein Doppelleben, nach Feierabend macht er auf Drogenbaron.“ Der Wohnwagen, und später das verlassene Gebäude, wo Walt und sein Kompagnon erstklassiges Crystal Meth erzeugen, sind keine Orte, sondern Metaphern, bildhafte Übertragungen für die dunkle Seite, „die jeder von uns hat“, sagt Salber, über die heute aber nicht mehr gesprochen werden dürfe.
Die Serie wird hierzulande im Internet konsumiert, das Thema der Serie ist den etablierten Sendern zu heiß. Salber: „Es geht um Ausbruch und Befreiung, die wieder in neue Besessenheit führt.“ Walter sagt, er tue das alles nur für seine Familie. So rechtfertigt der Mann seine Verbrecher-Karriere. Aber da ist noch etwas in Walters facettenreichem Charakter, ein gekränktes Ego nämlich, das als Meth-Genie Heisenberg endlich Anerkennung bekommt und Genugtuung findet – ein zwiespältiger Held, wie es in der deutschsprachigen TV-Landschaft nur wenige gibt. Den Bildschirm dominieren hierzulande Nonnen (Serie „Um Himmels Willen“), Tatort-Kommissare und „Heiapopeia-Geschichten“ (Salber).
Salbers Fazit: "Walter ist der Zerrspiegel, in dem wir uns selbst erkennen. Er macht uns Mut, er ist eine Therapie für uns, dass wir uns wieder trauen anzuecken, uns über die Konventionen hinwegzusetzen."
Crystal Meth gilt als zerstörerische Droge
737.000 US-Dollar braucht der krebskranke Serien-Held für seine Familie. Der Weg zum Geld ist mit Drogen gepflastert, mit Crystal Meth genauer gesagt, einer Droge auf Amphetaminbasis. Klingt harmloser als es ist. „Die Droge wirkt massiv antriebssteigernd, führt zu Schlaflosigkeit, schließlich kommt es zu Erschöpfungszuständen, zum körperlichen Zusammenbruch“, sagt Michael Musalek, Ärztlicher Direktor des Wiener Anton-Proksch-Instituts, eine der größten Suchtkliniken Europas. Mediziner warnen vor dem hohen Suchtpotenzial, zudem wirke Meth-Amphetamin zerstörerisch auf Zähne, Haut und den gesamten Körper.
Crystal Meth ist für den Käufer eine Blackbox, sagt Musalek. „Es gibt ein Riesenproblem mit der Dosierung. Wenn Sie ein Antibiotikum einnehmen, ist in der letzten Tablette genauso viel drinnen wie in der ersten, die Sie aus der Dose genommen haben. Dazu braucht man viel Know-how und eine Qualitätskontrolle. Die gibt es bei diesen billig hergestellten Substanzen nicht.“
Crystal Meth ist eine klassische Jugenddroge. Wie viele es ausprobieren und damit ihre ersten Drogenerfahrungen machen, ist aber unbekannt. Wenn es zu Vergiftungen kommt, die toxikologisch untersucht werden, sind die Betroffenen längst auf andere Substanzen umgestiegen.
Kommentare