Burgtheater: "Erhebliches Prozessrisiko" bei Entlassung Springers

Ein Mann mit Brille sitzt vor einem großen Bild mit vielen kleinen Abbildungen.
Ostermayer: Holding-Chef trägt Mitverantwortung, diese reiche jedoch "laut den derzeit vorliegenden Unterlagen" für Entlassung nicht aus

In einem von Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) in Auftrag gegebenen Gutachten zur Verantwortung für die finanziellen Unregelmäßigkeiten im Burgtheater soll auch Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer belastet werden. Das berichten Standard und Presse in ihren heutigen Ausgaben.

"Mitverantwortung"

Eine Entlassung von Holding-Chef Georg Springer würde laut Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) jedoch "derzeit ein erhebliches Prozessrisiko mit sich bringen". "Es ist meine Aufgabe, wirtschaftlichen Schaden vom Steuerzahler abzuwenden. Deswegen ziehe ich es vor, mit dem Kopf, auf Basis von Fakten und rechtlicher Sicherheit, zu entscheiden, anstatt wild Köpfe rollen zu lassen", so der Minister in einer Aussendung. "Wie von Dr. Springer selbst und von dem Gutachten bestätigt, trägt er eine Mitverantwortung an der vergangenen Krise. Diese reicht allerdings, laut den derzeit vorliegenden Unterlagen und dem darauf aufbauenden Gutachten, eindeutig nicht aus, um eine Entlassung im arbeitsrechtlichen Sinne rechtfertigen zu können."

Mit dem Rechnungshof (RH) sei "das höchste Kontrollinstrument der Republik eingeschaltet". Weitere Schritte behält sich Ostermayer ausdrücklich vor. Mit dem Vorliegen des RH-Endberichts wird in der zweiten Julihälfte gerechnet.

"Mauer des Schweigens"

Beate Meinl-Reisinger, NEOS Kultursprecherin und Vorsitzende des Kulturausschusses, kritisiert unterdessen "Ostermayers Mauer des Schweigens", die sie seit einem halben Jahr "in unzähligen Anfragen und im Kulturausschuss mittels allen parlamentarischen Instrumenten vergeblich zu durchbrechen" versucht habe. Für sie ist es "geradezu denkunmöglich", dass Springer noch weiter das Vertrauen des Ministers genieße. Daher appellierte sie in einer Aussendung an Ostermayer: "Sprechen Sie endlich klare Worte hinsichtlich der Verantwortung von Georg Springer! Ermöglichen Sie den Bundestheatern endlich einen Neustart!"

Der Bericht liege auch der Korruptionsstaatsanwaltschaft vor, die den Verdacht der Untreue prüft.

Das von Anwalt Thomas Angermair (er war zuletzt von Hartmanns Anwälten wegen des Verdachts, von Hartmann im Vertrauen erhaltene Informationen für die Gegenseite verwendet zu haben, bei der Rechtsanwaltskammer angezeigt worden) von der Kanzlei Dorda Brugger Jordis verfasste 134-seitige Papier datiert von Ende April und wurde offenbar vor der Übergabe an die Staatsanwaltschaft überarbeitet. In das Gutachten sollen auch Ergebnisse des noch nicht veröffentlichten Berichts des Rechnungshofs (RH) über die Holding eingeflossen sein.

"Vertrauensunwürdigkeit"

Die Presse zitiert aus der Letztfassung vom 30. Mai: "Aus den uns vorliegenden Unterlagen erscheint es naheliegend, dass Springer - in seiner Funktion als Geschäftsführer der Bundestheater-Holding - über Wissen hinsichtlich der Lage des Burgtheaters verfügte . . . , welches die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats der Burg nicht besaßen." Und: "Die im Zuge des RH-Berichts bekannt gewordenen Umstände über das Verhalten von Springer sind grundsätzlich geeignet, eine Vertrauensunwürdigkeit zu begründen."

Laut Standard sei laut dem Gutachten "nicht auszuschließen", dass Springer "von den Praktiken der ehemaligen kaufmännischen Burgtheater-Geschäftsführerin Sylvia Stantejsky - insbesondere etwa aus dem Kontakt mit diversen Künstlern - zumindest Kenntnis hatte". Dass die Mängel im Burgtheater "tatsächlich über Jahre bestanden, lässt den Verdacht aufkommen, dass von Springer keine wirksamen Maßnahmen zu deren Beseitigung ergriffen wurden und er seinen (...) Pflichten (...) nicht vollständig gerecht wurde".

Gutachten gekürzt

Katharina Körber-Risak, Anwältin des entlassenen Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann, hält in der Presse fest, dass das Gutachten vor Übermittlung an die Staatsanwältin offenbar um zwei Absätze gekürzt wurde: "In diesen beiden Absätzen steht, dass der Eigentümer (Minister Ostermayer, Anm.) schon im April über Springers Verfehlungen Bescheid wusste, man mit der Entlassung wohl zu spät dran wäre. Klar ist, dass uns der Minister in Sachen Springer einen Bären aufbinden wollte." Das Gutachten soll abschließend darauf verweisen, dass die Verantwortung Springers erst beurteilt werden könne, wenn der Endbericht des RH vorliege.

Laut Rechnungshof ist mit der Vorlage des Endberichts erst in der zweite Juli-Hälfte zu rechnen. In der Bundestheater-Holding wird erwartet, dass sämtliche vorgebrachten Einwände vollinhaltlich Eingang in den Bericht finden.

Schon am kommenden Dienstag gibt es dagegen vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien die erste Tagsatzung in der Klage Hartmanns wegen seiner als ungerechtfertigt und unwirksam angefochtenen Entlassung. Am Freitag folgt die nächste Etappe: Vor dem gleichen Gericht fechtet das Burgtheater nämlich die Anfang 2012 durch Ex-Kulturministerin Claudia Schmied ( SPÖ) durchgeführte Verlängerung des ursprünglich bis Ende August 2014 laufenden Vertrages von Hartmann "wegen Irrtum und Arglist" an. Hätte man damals schon von den Vorfällen an der Burg gewusst, so die Begründung, hätte man ihn nicht verlängert.

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