Bundestheater: Christian Kircher neuer Chef

Christian Kircher
Bisheriger Finanzdirektor des Wien Museums tritt im April 2016 die Nachfolge von Holding-Chef Rhomberg an.

Christian Kircher wird der neue Chef der österreichischen Bundestheater-Holding. Bisher war Kircher Finanzdirektor des Wien Museums. Er folgt auf Günter Rhomberg. Der Wechsel hätte laut Ausschreibung mit Jahresbeginn erfolgen sollen, verzögert sich nun aber um drei Monate. Kircher tritt das Amt am 1. April 2016 an. Er bekommt einen Fünf-Jahres-Vertrag.

"Auch für mich ist es eine große Überraschung", sagte der neue Holding-Geschäftsführer. "Ich nehme diese Herausforderung mit großer Freude an." Er sei aber auch mit großer Freude im Wien Museum tätig gewesen. Der neue Direktor Matti Bunzl sei "von erster Sekunde an" in seine Bewerbung eingeweiht gewesen. Er verlasse das Wien Museum mit vielen weinenden Augen, "aber jedes Mal gibt es eines mehr, das lacht".

"Es ist wohl selbstverständlich, dass es eine Einarbeitungsphase braucht", sagte Kircher, der laut Kulturminister Josef Ostermayer deutlich weniger als der frühere Holding-Geschäftsführer Georg Springer, nämlich 200.000 Euro pro Jahr, verdienen wird. In dieser Zeit wird Günter Rhomberg weiterhin interimistisch tätig sein. Er tue dies gerne, versicherte dieser.

Bundestheater: Christian Kircher neuer Chef
Christian Kircher wird Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Josef Ostermayer, Günter Rhomberg

Bedarfsorientierte Aufteilung

Rhomberg hat auch bereits eine "bedarfsorientierte Aufteilung" der auf 162,9 Mio. Euro angehobenen Basisabgeltung für das Geschäftsjahr 2016/17 erarbeitet, laut der dem Burgtheater 48,7, der Staatsoper 64,9 und der Volksoper 44,2 Mio. Euro zur Verfügung stehen werden. Die weitere Aufteilung werde laut den beschlossenen ersten Dreijahresplänen flexibel erfolgen, sagte Rhomberg, der sich mit dem novellierten Bundestheater-Gesetz mittlerweile angefreundet hat: Die Bestellung der kaufmännischen Geschäftsführer durch den Minister sei eine Aufwertung der Position, die Tatsache, dass alle Bestellungen durch die Holding vorzubereiten seien, stärke diese. Und die von ihm angestrebte Umwandlung des Kasino in ein Haus der Bundestheater unter der Federführung des Burgtheaters sieht er keineswegs ad acta gelegt.

Kircher sieht die Bühnengesellschaften "solide aufgestellt", wollte diese Aussage auf Nachfrage aber nicht auf die Finanzen bezogen wissen. Die Erhöhung der Basisabgeltung um 14 Mio. Euro sei "ansehnlich" gewesen und schaffe, "wie ich es verstehe, Planungssicherheit für die nächsten zwei, drei Saisonen. Dann werden wir mit Sicherheit wieder übers Geld reden. Aber ich hätte diese Aufgabe nicht übernommen, wenn vor mir das absolute Chaos wäre." Er werde kraft seines Amtes künftig bei der Bestellung von Direktoren in der Findungskommission mitreden können. "Wenn ein Direktor bestellt ist, dann hat er alle Freiheiten. Aber es ist nicht möglich, jedes Jahr den 'Ring' neu zu inszenieren."

Die laufenden gerichtlichen Ermittlungen und Gerichtsverfahren in der Causa Burgtheater wollte Kircher nicht kommentieren. Minister Ostermayer kündigte die Schlussbesprechung des diesbezüglich erbetenen Rechnungshofberichts für Jänner an.

Warum ist der Job wichtig?

Die Bundestheater-Holding ist der Mutterkonzern von Staats- und Volksoper sowie des Burgtheaters. Nach dem Finanzskandal in der Burg geriet auch die Holding in die Kritik - sie habe ihre Kontrollfunktion nicht ausreichend ausgeübt. Der langjährige Leiter, Georg Springer, ging in Pension. Danach wurde die Holding reformiert und gestärkt - so ist der neue Holdingchef künftig unter anderem für die Verteilung der Gelder zwischen den drei Bühnen zuständig. Dies geschah bisher nach einem fixen Aufteilungsschlüssel. Der neue Chef kann die Zukunft der größten Bühnen des Landes entscheidend mitprägen. Und er muss die Nachwehen des Burgskandals - es sind mehrere Rechtsstreits offen - meistern. Ebenso bleibt die Budgetsituation der Bühnen - trotz Zusatzfinanzmittel - angespannt.

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Der Thomas

Zur Person

Kircher, geboren in Spittal an der Drau, studierte BWL in Wien und ist nach einer Gesangsausbildung auch Sänger im Arnold Schönberg Chor. Seit 2005 ist er Finanzdirektor des Wien Museums, seit 2009 im Aufsichtsrat des Jüdischen Museums Wien.

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Organigramm Bundestheater mit leitenden Personen GRAFIK 1405-15, 88 x 125 mm

Der gebürtige Kärntner ist seit seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre auch Chorsänger und sammelt österreichische Kunst. Sich selbst beschreibt er als "konfliktfähig und konsensfähig".

Nach dem Gymnasium in seinem Heimatort Spittal an der Drau zog es den am 12. August 1964 geborenen Kircher nach Wien, wo er an der WU Betriebswirtschaftslehre studierte. Seine Diplomarbeit schrieb er über die Wiener Weltausstellung 1873. "Ich bin Kaufmann in meinem Verständnis, mit ganz großer Liebe zu Kunst und Kultur", sagt Kircher. Dies äußert sich in vielen Etappen seines Lebenslaufes. Bereits während seiner Schulzeit arbeitete er am Landesmuseum Kärnten bei Ausgrabungen des Municipium Teurnia mit.

Dem Arnold Schoenberg Chor, dessen Mitglied er seit 1985 ist und mit dem er u.a. mit Nikolaus Harnoncourt, Claudio Abbado oder Lorin Maazel zusammenarbeitete, blieb er als Mitglied des Aufsichtsrats und stellvertretender Vorsitzender verbunden, auch im Wiener Theaterverein engagiert er sich als stellvertretender Obmann, im Jüdischen Museum der Stadt Wien ist er seit 2009 Mitglied des Aufsichtsrats. Zudem verfügt er über eine laut Unterlagen "bescheidene Sammlung" von abendländischer Kunst mit Schwerpunkt österreichische Kunst ab 1945.

Nach dem Studium zog es ihn ins Dorotheum, wo er Marketing für den Bereich Auktionen betrieb und auch selbst Versteigerungen leitete. 1992 wechselte Kircher ins Marketing zur Österreichischen Unilever - Elida Fabergé, zwei Jahre später zum Marktforschungsinstitut A.C. Nielsen Company in die Kundenbetreuung. Von 1997 bis 2004 arbeitete Kircher schließlich bei Gillette, zunächst als Marketing Manager und Vertriebsleiter für Österreich, 2002 wurde er Mitglied der Geschäftsleitung der Gillette Gruppe D-A-CH in Frankfurt.

Intermezzo in Möbelbranche

Ein kurzes Intermezzo führte ihn 2005 zu den Wittmann Möbelwerkstätten (Leitung Marketing und Vertrieb), bevor er von 2005 bis heute als kaufmännischer Leiter und ab 2008 Finanzdirektor ins Wien Museum wechselte. Dort muss Matti Bunzl nun einen Nachfolger für Kircher finden, der seit 2014 auch als Geschäftsführer für die Wien Museum Projekt GmbH tätig war. Im Wien Museum war Kircher Initiator mehrerer Projekte, darunter des Neubaus des Römermuseums, der Neugestaltung des Hadynhauses und der am heutigen Mittwoch eröffnenden Virgilkapelle.

Seinen Geschäftsführerposten bei der Bundestheater-Holding tritt er am 1. April 2016 an. Er brauche natürlich eine Einarbeitungsphase, meinte der geschiedene Vater zweier Kinder heute zu seinem neuen Job. "Aber ich bin schon ein Blitzgneißer und werde versuchen, mich schnell einzuarbeiten." Seinen Arbeitsstil beschreibt er so: "Wenn es Turbulenzen gibt, bin ich der erste, der versucht, Ruhe hineinzubringen. Und wenn es zu viel Ruhe gibt, bin ich der erste, der vielleicht ein kleines Steinchen hineinwirft."

Für Thomas Königstorfer, den kaufmännischen Leiter des Burgtheaters, ist die Bestellung von Christian Kircher zum Geschäftsführer der Bundestheater-Holding "eine gute Entscheidung. Kein Generalintendant, sondern ein Konzernchef. Wir freuen uns auf einen ausgewiesen besucherorientierten und versierten Partner", hieß es in einer der APA übermittelten Reaktion.

Seitens der Volksoper, gemeinsam mit Staatsoper und Burgtheater Gesellschafter der Holding, verschickten Direktor Robert Meyer und der kaufmännische Geschäftsführer Christoph Ladstätter ein kurzes gemeinsames Schreiben: "Wir gratulieren Herrn Mag. Christian Kircher zur Bestellung zum Geschäftsführer der Bundestheater-Holding und freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit", hieß es. Dominique Meyer, Direktor der Wiener Staatsoper, habe Kircher bisher noch nicht persönlich gekannt, "er hat mich aber gleich heute angerufen", heißt es in einem Statement gegenüber der APA. "Eine konstruktive Kooperation mit den Häusern ist ihm wichtig, er ist nicht nur ein erfolgreicher Manager, sondern auch sehr theaterinteressiert und musikversiert. Das sind gute Voraussetzungen für die nicht einfache Aufgabe als Holding-Geschäftsführer. Ich wünsche ihm alles Gute und freue mich auf eine fruchtbare Zusammenarbeit."

"Mit einem lachenden und einem weinenden Auge" reagierte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) auf die Bestellung. "Zwar verliert das Wien Museum damit seinen langjährigen und erfahrenen Finanzdirektor, dafür aber gewinnt die Theater- und Musikwelt einen kunstsinnigen Kulturmanager mit ausgeprägter Wirtschaftskompetenz", so Mailath-Pokorny. Kircher habe das Wien Museum auch in bewegten Zeiten sicher gesteuert und als Mitglied der international besetzten Jury für den Architekturwettbewerb die Weichen für den Neubau am Karlsplatz gestellt. "Christian Kircher war ein verlässlicher Kopilot in einer der wichtigsten Kultureinrichtungen Wiens. Ich wünsche ihm für seine neue Aufgabe alles Gute und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit im Dienste der Kultur!"

Kircher "nach Kräften dabei unterstützen, die Bundestheater wieder zurück auf Kurs zu bringen", will NEOS-Kultursprecher Niko Alm. Das neue Bundestheaterorganisationsgesetz habe "diese Aufgabe nicht einfacher gemacht", üben die NEOS erneut Kritik an der Novelle. Die Verantwortung für die wichtigsten kaufmännischen Entscheidungen (Bestellung der kaufmännischen Geschäftsführer der Bühnengesellschaften sowie Budgetaufteilung) liegen nun bei Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ), während dieser gleichzeitig in parlamentarischen Anfragen den Holding-Chef verantwortlich für die Lage der Bundestheater erkläre. "Die Holding hat weiterhin eine politische Puffer-Funktion, soll ministerielle Verantwortung für die Bundestheater an die Holding delegieren und gleichzeitig direkten Einfluss des Ministeriums sichern. In diesem paradoxen Spannungsfeld bleibt die Holding-Geschäftsführung also auch weiterhin ein politischer Balanceakt für den Holding-Chef", so Alm.

"Überaus erfreut" zeigte sich der Kultursprecher der Grünen, Martin Margulies, über die Bestellung. Er habe das Wien Museum in all den Jahren als Finanzdirektor "versiert geführt und war an den wichtigen Entscheidungen wie dem Neubau am Karlsplatz maßgeblich beteiligt und hat diese in die richtigen Bahnen gelenkt".

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