Buchkritik: Sophie Reyer über "Die Freiheit der Fische"

Buchkritik: Sophie Reyer über "Die Freiheit der Fische"
Schwerer Autismus: Der Bub in den Bergen war ein verlorenes, stummes A. Deshalb verstand er sich so gut mit Fischen.

So hat man das noch nie zu lesen bekommen. Ein Loch ohne Ränder ist Jakob. Ein verlorenes, stummes A. Deshalb kann er gut mit Fischen. Aber deshalb kann er schlecht mit Menschen – wer ihn nicht kennt, wundert sich: Er streichelt den Kuchen, er streichelt das Brot ...
Mit Jakobs Lebensgeschichte hat sich die Wienerin Sophie Reyer (Foto oben) vom Prädikat „Riesentalent“ mittlerweile verabschiedet. Denn nun gehört sie in die erste Reihe der  österreichischen Schriftstellerinnen.  Ihr Mut, mit unverbrauchten Bildern  (schweren) Autismus fühlbar macht, ist groß wie ihr stilistisches Können.

Schmerz

„Die Freiheit der Fische“ beruht auf einer wahren Geschichte. In dem Tiroler Bergdorf hatte niemand eine Ahnung, was Autismus bedeutet. Jakobs späterer Versuch,  in einer Höhle zu leben, scheitert.
Dass er früh im Altersheim landet, ist ein Schmerz – der beim Lesen nur deshalb etwas erträglicher wird, weil man allmählich zu verstehen beginnt, wie eine Welt aussieht, in der sich die Bäume ausreißen und Wolken sich selbst regnen.

 


Sophie Reyer: „Die Freiheit
der Fische
Czernin Verlag.
160 Seiten.
20 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

www.sophiereyer.com

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