Wurst lässt sich besser zeichnen als Nierndln von James Joyce

Wurst lässt sich besser zeichnen als Nierndln von James Joyce
Mahlers gezeichnete Version des Jahrhundertromans "Ulysses" führt in Wien den 16. Juni als Wurmbs-Tag ein

Wieso keine Nieren? Jetzt war Bloom beim Fleischhauer und hat – Wurst gekauft. Immerhin ist, was er damit daheim gekocht hat, verbrannt, also wie im Original des Iren James Joyce.

Dass es in dieser Version keine Nierndln sind, ist verständlich: Sie lassen sich ganz schlecht zeichnen.

Wurst ist wenigstens ein langes Etwas, ein dicker Strich wie eine Nase, und das liegt Mahler (Nicolas Mahler), dem minimalistischsten Wiener Cartoonisten.

Für den Suhrkamp Verlag verwandelte er bisher Thomas Bernhards „Alte Meister“ in einen Comic, Musils „Mann ohne Eigenschaften“, Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ – und jetzt hat er den Jahrhundertroman „Ulysses“ in Bilder übertragen; und von Dublin nach Wien.

Fisch und Hut

Um nicht mit der Urheberschaft Hans Wollschlägers in Konflikt zu geraten, hat Mahler das Buch auch noch selbst übersetzt. Für die wenigen Textzeilen, die er brauchte.

Leopold Bloom heißt nicht mehr Bloom, sondern Leopold Wurmb (ein gar nicht so seltener Name) – wobei ihn seine Brieffreundin zärtlich Heini Bleampl nennt.

Sie sieht übrigens wie Popeyes Freundin Olivia Oyl aus, und dass später u.a. auch ein Typ wie Popeye in einer Bar sitzt und über Menschenfresser in Peru schwafelt, soll uns sagen: Zu Blooms / Wurmbs Zeiten hatten Comics ihre goldene Zeit.

Der 16. Juni ist ab sofort – in Wien – der Wurmbs-Tag.

Wurmsb, der Inseratenkeiler, erlebt den Tag im Jahr 1904. Gedankenströme gehen durcheinander von Bild zu Bild (Morgen könnte ich mir einen Fisch machen, wo ist eigentlich mein Hut?).

Wenn Joyce meinte, allein mit Hilfe seines „Ulysses“ sei es möglich, Dublin nachzubauen – bei Mahlers Version wird das mit Wien nicht gelingen. Dafür wird man „Steingut-Trocken-Klosett ohne Wasser“ kennenlernen und „Schnauferls Zigarettenhülsen ohne Asche“: Inserate aus österreichischen Zeitungen vom 16.6.1904, mit denen James Joyce nicht aufwarten konnte.

Mahler kürzte und ergänzte und kürzte noch mehr und baute um. Joyce bleibt trotzdem am Leben. Und Mahler wird schön langsam zum Genie.

 

Nicolas Mahler:
„James Joyce’
Ulysses“
Suhrkamp.
288 Seiten.
24,70 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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