Stefan Kutzenberger lässt seinen Helden Stefan Kutzenberger sterben

Stefan Kutzenberger lässt seinen Helden Stefan Kutzenberger sterben
"Kilometer Null" ist der dritte grenzenlose Roman: 11.300 km bis zum Kopfschuss in Uruguay

Zum dritten Mal schreibt der oberösterreichische Schriftsteller (und Literaturwissenschaftler) Stefan Kutzenberger über einen ihm sehr ähnlichen oberösterreichischen Schriftsteller namens Stefan Kutzenberger – nach „Friedinger“ (2018) und „Jokerman“ (2020) und vielen Doppelaxel und Pirouetten, die er drehte und beim Lesen schwindelig machten.

Jetzt stirbt der Roman-Kutzenberger in einem einsamen Ort in Uruguay.

„Hier möchte ich nicht begraben werden“, hat er in Santa Maria noch gesagt.

Und dann: Kopfschuss im Hotelzimmer aus einer Glock-Pistole, die wie er aus dem 11.300 Kilometer entfernten Österreich gekommen ist.

Am Ende angelangt, ist für ihn der „Kilometer Null“, und der Weg dorthin ist die Geschichte, die erzählt wird.

Wobei, wo gibt’s denn sowas?, der Erzähler mittendrin zum Leser sagt: Sei nicht ungeduldig, ich kann nicht alles gleichzeitig berichten, nach und nach wird alles Sinn ergeben.

Aber nicht zu viel Sinn, weil es ja unserer Welt ist, und da muss es schon ziemlich durcheinander gehen.

Es wird ein Fest fürs Leben und für die Literatur, die das Leben ist. Ein Fest für die vielen Möglichkeiten, die nicht weniger wert sind als die sogenannte Wirklichkeit.

Mago Dro

Wer sich Kutzenberger antut, wird mit einem Vergnügen überrascht, das man bei dieser klugen Wildheit (wilden Klugheit?) empfindet.

Er reist also nach Südamerika, auf Einladung der UNESCO soll er aus seinen Büchern lesen und Vorträge halten – er spricht spanisch.

Während er noch auf dem Schiff ist, bricht in Europa Krieg aus, im fremden Land gilt er folglich als Flüchtling, und weil man seinen Titel Mag. Dr. für den Vor- und Zunamen hält und der Computer die Punkte als „o“ registriert, heißt Kutzinger ab sofort Mago Dro. Was allerdings egal ist, wenn die Kugel mit 360 m pro Sekunde geflogen kommt.

So klingt die Handlung durchaus „normal“. Halbwegs. Es wird auch durch gute Auftritte einer trinkfesten Indiofrau in Wels und einer Handballtrainerin und einer Zollbeamtin nicht wirrer.

Gern macht man Umwege auf eine Tomatenplantage und in ein Gefangenenlager, zu Stefan Zweig und Don Quijote. Nicht wirr, sondern nur ein bisschen irr wird es. Und grenzenlos.


Stefan
Kutzenberger:
„Kilometer Null“
Berlin Verlag.
400 Seiten.
24,95 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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