Statt der Gedenktafel ein aufwühlender Hirtenberger Roman

Statt der Gedenktafel ein aufwühlender Hirtenberger Roman
Didi Drobna über Patronen für den Krieg: "Was bei uns bleibt"

Es gibt keine Gedenktafel in Hirtenberg, die darauf aufmerksam macht: Ab September 1944 war in der Patronenfabrik ein Nebenlager des KZ Mauthausen errichtet.

400 hungernde, geprügelte Frauen, meist aus Russland, Polen, Italien – „Volksfeinde“, Jüdinnen, wurden zum Herstellen von Munition gezwungen.

Eine Million Patronen täglich waren den Nazis zu wenig. „Der Führer“ verlangte mehr.

Die fehlende Tafel ist zwar bedenklich, auch dass nach Befreiung bis 2019 weiterhin Patronen gefertigt wurden, für andere Kriege.

Illusionen

Aber es gibt Didi Drobnas „Was bei uns bleibt“, und abgesehen von der plastischen Qualität: Allein schon, weil man so wenig über Hirtenberg weiß und die Wiener Schriftstellerin so viel recherchiert hat, ist die Lust gering, das Lesen ständig zu unterbrechen, um sich Notizen zu machen.

Die für eine Buchbesprechung von Vorteil wären.

Was bei uns bleibt, ist nicht immer Gutes. Klara ist 84 und wird noch immer von jener Zeit verfolgt, als sie 18 war: als ihr Vater „gefallen“ war – als sie freiwillig in die Hirtenberger Fabrik arbeiteten ging. Es gab dafür mehr Lebensmittelmarken.

Was bei ihr geblieben ist: dass Klara damals so stolz war und sich freute, mit Parabellum, 9 mm, den Krieg zu befeuern.

Die SS-Leute in Uniform mit Anstecknadel gefielen ihr auch nicht schlecht.

Aber dann kamen die Gefangenen. Dann – im Roman ist das auf Seite 143 – kam die Besinnung: Man lebte in einer Illusion – verdammte SS, schrecklicher Krieg!

Todesmarsch

Didi Drobna war in ihrem ersten Roman „Als die Kirche den Fluss überquerte“ etwas zu anekdotisch. Jetzt gelingen der Wiener Schriftstellerin zwei fließende Erzählungen: Klara 1944 bis zum Kriegsende; und Klara, die ihrem Enkelsohn erklären soll, warum sie damals mitgemacht hat.

Und es wird nicht geschehen, dass man sie deshalb schief anschaut.

Hätte sie denn am Fließband rufen sollen: „Ich finde das unfair!?“ Klara lief, als es zum Todesmarsch nach Mauthausen kam, 170 Kilometer, den Frauen nach.

Noch gar nicht wissend, warum.

Aber sie spürte, wohin sie gehört. Wohin wir alle gehören.


Didi Drobna:
„Was bei uns
bleibt“
Piper Verlag.
256 Seiten.
20,95 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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