So lustig kann ein Thriller sein

So lustig kann ein Thriller sein
Oyinkan Braithwaite überraschte mit "Meine Schwester, die Serienmörderin"

Manche haben Probleme damit, dass „Meine Schwester, die Serienmörderin“ ein Thriller ist, nein, doch kein Thriller, obwohl gleich am Anfang im Badezimmer mit Bleichmittel Blut aus den Fugen geputzt wird, ganz schwierige Aufgabe. Bleichmittel nimmt übrigens den Geruch von Blut.

Trotzdem kein Thriller, sondern eine dunkle Komödie, in der die Schönheit als optische Täuschung vorgeführt wird. Eine Komödie, in der die gute, aber nicht so hübsche Schwester (Korede ist ihr Name) ein einziges Mal nur ihre Hüften derart schwingt, wie es die gefährliche, aber sehr, sehr hübsche Schwester (Ayoola) gern tut – mit dem Ergebnis, dass der Mann, auf den sie ein Auge geworfen hat, zu ihr, der weniger Hübschen, sagt:

„Geht es dir gut? Du läufst so komisch.“

„Oh – ich habe mir einen Muskel gezerrt.“

Und trotzdem, trotzdem ist das ein Thriller – da liegt ja schon wieder einer erstochen auf dem Boden und muss weggeschafft werden.

Lagos, versteckt

„Meine Schwester, die Serienmörderin“ ist eine exzellente Mischung aus überraschender Spannung und Humor. Er ist das Debüt der 32-jährigen Nigerianerin Oyinkan Braithwaite (Bild oben) und war im Vorjahr im Rennen um den Booker Prize, mit dem der beste englischsprachige Roman ausgezeichnet wird.

Die Geschichte der Schwestern wird schnell erzählt. Und sehr trocken, während es in Lagos stark regnet, sodass die Regenschirme kaputt gehen.

Lagos ist der einzige wunde Punkt: Nigerias Hauptstadt sollte die dritte Hauptrolle spielen, bleibt aber bis auf wenige Szenen versteckt. Wenigstens die lange Third Mainland Bridge hätte sich die Autorin näher anschauen können, werden dort immerhin die Ermordeten ins Wasser geworfen.

Ayoola bringt also Männer um, und danach ruft sie Korede an, die kommt direkt aus dem Krankenhaus, in dem sie arbeitet, und hilft, die Leiche zu beseitigen.

(Nur so eine Zwischenfrage: Würden Sie das auch tun, für die Schwester, für den Bruder?)

Ayoola wirkt dabei gar nicht verstört. Gerade, dass sie sich am Tatort nicht die Fingernägel lackiert. Zwar spricht sie immer von Notwehr – aber das glaubt nicht einmal mehr ihre Schwester.

Oyinkan Braithwaite wird unaufdringlich eine Erklärung für den Serienmord anbieten.

Es gibt ein paar große Showmomente. Einer sei noch angekündigt: Ein Arzt, in den Korede verliebt ist und bei dem sie durchaus Chancen hat, sieht die umwerfende jüngere Schwester und ist hin und weg und kauft einen Diamantring.

Korede hat verständlicherweise überhaupt keine Lust, diesen Mann „danach“ in Leintücher zu hüllen und von der Brücke zu stoßen.

Um eine Sache aus dem Kopf zu bekommen, ist es zweckmäßig, staffelweise TV-Serien anzuschauen. Das macht sie. Allerdings könnte währenddessen das Telefon läuten: „Hallo?“

Korede. Bitte. Hilf mir.“


Oyinkan Braithwaite:
„Meine Schwester, die Serienmörderin“
Übersetzt von
Yasemin Dinçer.
Blumenbar
Verlag.
240 Seiten.
20,60 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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