Petra Sturm: Cenzi, Rennradlerin aus Wien

Öfters saust Petra Sturm mit ihrem Rennrad an der Bellaria nahe der Wiener Ringstraße vorbei. Mit diesem Ort ist auch das Schicksal der Cenzi Flendrovsky verbunden.
Flendrovsky war um die Jahrhundertwende, als Radrennen in Wien noch nicht streng reglementiert waren, eine bekannte Radsportlerin, mit epischem Karriereende und öffentlichem Begräbnis: Nach einem bösen Sturz bei der Bellaria soll die damals 28-Jährige den ärztlichen Rat, den Arm zu amputieren, abgelehnt haben. Wenig später erlag sie ihrem Wundbrand.

Petra Sturm:
„Cenzi Flendrovsky. Eine Bicyle Novel“. Edition Atelier Wien.
48 Seiten. 20 Euro
KURIER-Wertung: 5 von 5 Sternen
Die Historikerin Petra Sturm hat die bis dato kaum bekannte Personalie zufällig entdeckt, nahe der Bellaria: „Beim Durchblättern alter Radzeitungen im Lesesaal der Nationalbibliothek.“ Jetzt legt sie mit ihrer „Bicycle Novel“ (stimmig illustriert von Jorghi Poll) eine Hommage vor. Und rettet die erste Rennradlerin von Wien vor dem Vergessen.
Creszentia Flendrovsky wird am 14. April 1872 in Wien geboren, wenige Jahre nur, bevor sich in der Bicylce-Evolution das Nieder- gegen das Hochrad durchsetzt. Mit 25 nimmt sie zum ersten Mal an einem Radrennen teil, in der Rotunde im Prater. Mit 26 startet sie beim 1. Internationalen Damenrennen in Berlin. Mit 28, am 2. Dezember 1900, stirbt sie an den Folgen ihres Fahrradunfalls.
Besondere Renntechnik
In Nachrufen wird Cenzi als Rennfahrerin gehuldigt, die „eine Renntechnik besaß, wie man sie bei keiner anderen findet“. Ein Trauerzug führt sodann von ihrem Wohnhaus quer durch den 10. Bezirk zu ihrer letzten Ruhestätte.
Radhistorikerin Sturm hat ihre langjährigen Recherchen gut in ihren Text eingewoben. Angeblich stimmte ihre junge Heldin nach ihrem Unfall der Abnahme des Arms nicht zu: „Es heißt, Cenzi zog es vor, lieber zu sterben, als sich verstümmeln zu lassen.“
Es gibt wenige Menschen in Wien, die besser über die konfliktreiche Geschichte des Fahrrads in Wien informiert sind als Petra Sturm. Es ist als ein Glück zu werten, dass die gebürtige Salzburgerin von ihrem schicken Puch-Rennrad abgestiegen ist, um für uns die Geschichte einer bisher wenig bekannten Wiener Vorreiterin der Emanzipation schön aufbereitet zu erzählen.
Weil Frauen damals noch mehr benachteiligt waren als heute, ist der letzte Satz der Novel auch ein Statement: Cenzi starb als Radfahrerin.