Neues von Patti Smith: Dann sah sie, dass sie immer noch schlief

Neues von Patti Smith: Dann sah sie, dass sie immer noch schlief
Die Rockmusikerin und Dichterin über ihr trauriges Jahr 2016 mit vielen Toten und Kotze am Stiefel: "Im Jahr des Affen"

Das Jahr 2016 fing schon damit an, dass während eines Auftritts in San Francisco ein Gast mit fettigem Pferdeschwanz auf ihre Stiefel kotzte.

Man kann behaupten: So ging das weiter. Davon handelt „Im Jahr des Affen“.

Ein Freund der Rockmusikerin Patti Smith („People Have The Power“, Foto oben), der Musikproduzent Sandy Pearlman, fiel ins Koma und erwachte nicht mehr. Dem kranken Dramatiker und Schauspieler Sam Shepard half sie bei seinem letzten Buch.

Sie selbst wurde 70 – und das bedeutete: Sie weint jetzt öfter. Etwa wenn sie sieht, wie ein Vater sein Kind aus dem Bettchen hebt. Und wenn im Film ein anständiger Detektiv kurz vor seiner Pension eine Kugel in den Rücken bekommt.

Dann war da noch 2016 die Wahl Donald Trumps. Und der Tod des letzten weißen Nashorns. Und der Tod Muhammad Alis. Und Prinzessin Leia aus „Star Wars“ (Carrie Fisher) starb. Und Tage später ihre Mutter Debbie Reynolds. ...

Kein Kaffee

Patti Smith ist immer auch Dichterin. Angeblich ist ihr das Schreiben wichtiger als ihre Musik. Es sind Alltagsgeschichten, sie reiste 2016 viel, auch als Autostopperin, und manchmal geht es dabei mystisch zu.

Das kann nerven, zum Beispiel wenn sie mit dem Schild des Dream Motel im kalifornischen Santa Cruz in Dialog tritt, wo sie absteigt und am nächsten Morgen versucht, irgendwo Kaffee zu bekommen, am besten mit Haferbrei und Frühlingszwiebel. Oder wenigstens mit Donuts mit Zimt. Keine Chance.

Zitat: „Als ich wieder in mein Zimmer trat, sah ich, dass ich immer noch schlief, und wartete bei geöffnetem Fenster, bis ich aufwachte.“

Dass am Strand Tausende leere Bonbonpapierln liegen, beschäftigt sie genauso wie die Frage: Wie geht es mit uns weiter? Dann ist „Im Jahr des Affen“ ein Gewinn. Dann macht das Buch trotz Traurigkeit auf seltsam energiegeladene Art Mut.

Was können wir tun?

“... die Wahrheit sagen.“

Die oft als „Godmother of Punk“ bezeichnete Amerikanerin sollte im Juli zwei – ausverkaufte – Konzerte in Wien und Linz geben.

Daraus wird nichts.

 

Patti Smith:
„Im Jahr des Affen“
Übersetzt von
Brigitte Jakobeit.
Kiepenheuer
& Witsch Verlag.
208 Seiten.
20,60 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

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