Lily King: Ohne das Schreiben wäre alles trostloser

Lily King: Ohne das Schreiben wäre alles trostloser
"Writers & Lovers": Ein Roman über eine Frau inmitten schreibender Männer und ihr erstes Buch

Lily King - Foto oben - war Anfang 30 und arbeitete in einer Abstellkammer im Haus ihrer Schwester am ersten Roman, als ein Nachbar auf der Straße zu ihr sagte:

„Stimmt es, dass du an einem Buch schreibst? Weißt du, was ich erstaunlich finde? Dass du glaubst, du hättest etwas zu sagen.“

Ein Schlag in die Magengrube. Von solchen Schlägen handelt „Writers & Lovers“.

Ein Buch über die Schwierigkeiten einer Frau, das zu machen, was sie machen will – in diesem Fall: Literatur ...

Ein solches Buch hätte Lily King in jungen Jahren gern gelesen und als Unterstützung gebraucht.

Aber das gab es nicht. Überhaupt gab es für sie nur männliche Autoren. In der Highschool und am College musste sie lesen: Homer, Shakespeare, Cheever, Updike, Faulkner.

Schreibende Männer waren Helden, unbeugsam. Mit schreibenden Frauen hatte man nur Mitleid.

Mayo

Die Amerikanerin, die mit ihrer Familie in Maine lebt, ist auch in Europa bekannt: seit „Euphorbia“ (2015) über eine Wegbereiterin der sexuellen Revolution, Schrumpfköpfe in Neuguinea bietet der Roman noch dazu. Mit diesem Abenteuer kann’s „Writers & Lovers“ logischerweise nicht aufnehmen-

Casey hat Schulden wegen ihrer Hochschulausbildung. Sie ist nicht krankenversichert und jobbt als Kellnerin. Seit sechs Jahren nutzt sie jede freie Minute, um an ihrem ersten Roman zu schreiben. Und ist voll Zweifel. Wie ein Mann mit Potenzangst, so fühlt sie sich.

Es gibt Kollegen, die ihren Weg kreuzen, es gibt Liebhaber ... aber sie alle helfen nicht, ans Ziel zu kommen. Sie sind bestenfalls Energieriegel für Casey.

Lily King ist eine sehr genaue Autorin. „Writers & Lovers“ lebt davon, dass z.B. ein Gast im Lokal, in dem Casey arbeitet, ein Sandwich zurück schickt, weil ihr die Mayonnaise zu scharf ist – sie bekommt ein neues Sandwich mit milder Mayonnaise – und überlegt sich’s, jetzt will sie doch scharfe Mayo.

Nun kann man sagen, das interessiert nicht, das hält nur auf. Bei Lily King kommt man gar nicht auf die Idee, deshalb zu raunzen. Diese Detailversessenheit ist ihre Literatur.

„Writers & Lovers“ ist mutig, und es macht Mut.

„ ... Ich schreibe, weil sich ohne das Schreiben alles noch trostloser anfühlt.“


Lily King:
„Writers & Lovers“
Übersetzt von Sabine Roth.
C.H.Beck Verlag.
319 Seiten.
24,70 Euro

KURIER-Wertung: ****

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