Hilary Mantel sitzt zum dritten Mal bei den Tudors

Hilary Mantel sitzt zum dritten Mal bei den Tudors
1100 Seiten "Spiegel und Licht" beenden die Trilogie über Thomas Cromwell und Heinrich VIII

Weltliteratur kann es mit historischen TV-Serien deshalb aufnehmen, weil Filme über finstere Zeiten so gern finster sind – soll heißen: wenig ausgeleuchtet, denn es ist einfacher, geheimnisvoller und vor allem billiger.

Hingegen hat die zweifache Booker-Preisträgerin Hilary Mantel ihre Trilogie über Thomas Cromwell und König Heinrich VIII. frisch tapeziert – und zwar in Weiß.

Vor diesem hellen Hintergrund lässt sich viel weniger übersehen.

Gegenwart

Hilary Mantel (Foto oben) sitzt, denn nur so kann es gewesen sein, mit Block und Bleistift im 16. Jahrhundert bei den Tudors.

Sie muss unmittelbar dabei gewesen sein, als der französischen Henker die 23 Pfund Lohn einsteckte und den in ein Leintuch gewickelten, triefenden Kopf von Anne Boleyn ihrer ehemaligen Dienerin in die Hände gedrückt hat.

Und – letzter Teil nach „Wölfe“ und „Falken“ – sie notiert den Schlusspunkt, als Cromwell, einst rechte Hand des Königs, aufs Schafott geführt wird: Die Sägespäne auf dem Boden haben einen „süß-rohen Geruch“.

Alles immer in Gegenwartsform, denn vieles soll an Gegenwärtiges erinnern: die Armut, und England droht(e) die Spaltung.

König Heinrich ist für die britische Schriftstellerin wie Vögel, Würger heißen sie, die mit ihrem Gesang kleinere Vögel anlocken und dann töten und auf Dornen aufspießen, damit sie längere Zeit etwas zu essen haben.

Und Cromwell, der zum Staatsmann gewordene Sohn eines Schmieds?

Er wird beschrieben als jemand, der eine sehr hohe Leiter hinaufklettert, unten versammeln sich Feinde, immer mehr, sie rütteln an der Leiter, er tritt nach ihnen, denn es geht bei ihm da oben ums Überleben – und irgendwann fällt er.

Der König hat später bitter bereut, ihn nicht festgehalten zu haben. Die Schuld gab Heinrich den Ministern.

Historische Romane können ein Gräuel sein. Ganz selten triumphieren sie.


Hilary Mantel: „Spiegel
und Licht“
Übersetzt von Werner Löcher-Lawrence.
DuMont Verlag.
1104 Seiten.
32,90 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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