Didi Drobna: „Ostblockherz“: Von einem, den man dauernd übersah

„Wir stolpern durchs Leben und dann sind wir weg.“ Didis Vater ist auf dem besten Weg dahin. Vielleicht bald weg. Zehn Jahre hat sie kein Wort mit ihm gewechselt, jetzt ist sie wieder in der Position, die sie als Kind schon einnehmen musste: die der Dolmetscherin. Der Vater ist krank, muss ins Spital, weiß nicht, wie ihm geschieht. In der Slowakei hat er Flugzeuge repariert, in Wien ist er immer der Mann aus dem Ostblock geblieben.
Didi Drobna beschreibt in ihrem autobiografischen Roman „Ostblockherz“, wie ein starker Mann, ihr Vater, gebrochen wird. Ein ewiger Fremder in der neuen Heimat, versucht er sich als halbherziger Familientyrann. Was ihm seine Frau verzeiht, seine Tochter aber nicht. Der Vater gibt das Deutschlernen auf, die Tochter verlernt, als Revanche, die Muttersprache. Weihnachten verbringt man künftig, wenn überhaupt, in eisigem Schweigen.
Didi Drobna, 1988 in Bratislava geboren, lebt seit 1991 in Wien, arbeitet hauptberuflich in der Wissenschaftskommunikation und hat bereits zwei Romane veröffentlicht.
Ihre persönliche, sehr berührende Migrationsgeschichte hebt sie hier auf eine höhere Ebene: Österreich suche doch angeblich händeringend nach Facharbeitern – Menschen wie ihren Vater, einen Maschinentechniker, hat man dennoch dauernd übersehen.

Didi Drobna:
„Ostblockherz“
Piper.
176 Seiten.
23,95 Euro
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