Der lange Schwanz könnte bekannt vorkommen
Ein Schiff legt im Hafen von Antwerpen an, das seltsame Tier, das in Südamerika gefangen wurde, sieht wie ein misslungener Leopard aus, der sich wie ein Affe auf Bäumen schwingen kann.
Der Schwanz könnte einem bekannt vorkommen.
Acht Meter und 53 cm lang, kann er als Peitsche und als Hammer verwendet werden, er kann sich zusammenknäueln, dann ist er ideal, um darauf zu hüpfen. Das Tier kann sprechen, immerhin „Houba, houba!“, und wenn es nicht so aussehen würde wie aus einer „Universum“-Folge im TV, könnte man meinen:
Das ist das Marsupilami, das der belgische Comickünstler André Franquin (1924 –1997) erstmals 1952 in die Serie „Spirou und Fantasio“ hineingezeichnet hat.
In den „Fix und Foxi“-Heften der 1960er Jahre hieß es Kokomiko.
Ein süßes, lustiges Wunderwesen – wenn man es nicht ärgert. Es dauerte nicht lange, da war das Marsupilami auf T-Shirts und in Spielzeuggeschäften, später in schlechten Zeichentrickfilmen, in einer hektischen Filmkomödie – ein Liebling der Kinder, in seinem Namen steckt „ami“, Freund.
Ausgestoßen
Ein Schiff legt 1955 im Hafen von Antwerpen an. Es IST das Marsupilami – jetzt neu erzählt, dunkel erzählt für die Älteren. Eine geschundene Kreatur, gefangen für den Zoo in Brüssel.
Der Belgier Frank Pé, 65, zeichnet, sein Landsmann Zidrou, 59, ist der Autor – beide hoffen, dass Franquin eine Flasche Bier öffnet und ihnen „von oben“ zuprostet.
„Die Bestie“ ist ein gewaltiger, in Europa gefeierter Start eines Mehrteilers.
Das beste Comicalbum des Jahres – dramatisch, atmosphärisch, warm, nostalgisch; Frank Pé hat erst kürzlich Winsor McCays „Little Nemo“ respektvoll fortgesetzt, seine Inszenierungen sind brillant, die Geschichte gerät – noch (?) – nicht in Kitschgefahr.
Das Marsupilami ist jetzt tierischer. Ein Ausgestoßener wie der zehnjährige Franz / François, dessen Vater ein deutscher Besatzungssoldat war. Deshalb wird er gemobbt und fühlt sich bei Wildschweinbaby, alkoholkrankem Pferd, tagaktiver Fledermaus ... viel wohler. Den geflüchteten gelben Kerl mit den schwarzen Punkten, den er unter einer Brücke entdeckt, nimmt er gern auf.
Das ist keine Hommage an den klassischen Comics. Das ist eine freie Interpretation einer Geschichte, die ihren Ursprung nahm, als Franquin aus einem Buch erfahren hatte: Bis 1901 hielt man das giraffenartige Okapi für ein Fabeltier. Kann also durchaus jede(r) glauben, dass es das Marsupilami gar nicht gibt.
Zidrou und Frank Pé:
„Marsupilami: Die Bestie“ Erster Teil. Carlsen Verlag. 156 Seiten, 25,70 Euro
KURIER-Wertung: *****
Zeichnung oben: Der ehemalige „Kokomiko“, neu und tierischer interpretiert (Ausschnitt aus dem Buchcover von „Die Bestie“)
Zeichnung unten: Das alte Marsupilami. Der belgische Zeichner Batem übernahm von Franquin
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