Buchkritik: Schauspieler Michael Dangl verzichtet aufs Ich

Buchkritik: Schauspieler Michael Dangl verzichtet aufs Ich
„Orangen für Dostojewskij“ heißt sein neuer Roman: Venedig hat auch wegen der Mortadella gut geschmeckt

Als Schriftsteller war Michael Dangls Weg bisher mit Ichs gepflastert: Ich und Grado; ich und das Theater; ich und meine Tochter. Mit „Orangen für Dostojewskij“ macht er einen Sprung – da sind schon viele Autoren umgefallen. Er aber steht.

Hell gegen Dunkel

Michael Dangl (Foto oben), als Schauspieler im Theater in der Josefstadt engagiert, fliegt nach Venedig, um den grantigen 40-jährigen Dostojewskij im Jahr 1861 zu beobachten. Venedig bekam eine schöne Hauptrolle geschrieben.

Und dann trifft der im Ausland noch Unbekannte zufällig den gefeierten Komponisten Rossini. Der Genussmensch schmeißt Feste. Dostojewskij kostet zuerst Mortadella (mit Myrthenbeeren, wie es früher selbstverständlich war), langsam vergeht die Dunkelheit in ihm. Das Treffen ist Fiktion. Tatsächlich aber ist eine Notiz überliefert: „Ich habe Venedig noch mehr geliebt als Russland.“ Warum wohl? Einem Roman ist mehr zu trauen als der Biografie. Dangls Venedig-Reise bereitet nicht nur dem Russen einen schönen Urlaub (einen Leseurlaub).

 


Michael Dangl: „Orangen für Dostojewskij“
Braumüller
Verlag.
480 Seiten.
24 Euro

KURIER-Wertung: ****

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