Buchkritik: Margit Schreiners "Vater. Mutter. Kind. Kriegserklärungen"

Buchkritik: Margit Schreiners "Vater. Mutter. Kind. Kriegserklärungen"
Das unterschätzte siebente Lebensjahr: Eine Beschwörung der Kraft zur Rebellion

Margit Schreiner (Foto oben) räumt wieder zusammen. Diesmal holt sie zwecks Neuordnung und Ausmisten das Jahr 1959 aus den Ecken der Erinnerung. Damals war sie sechs und wog 16 Kilo.
Dieses siebente Lebensjahr sei ein unterschätztes, schreibt sie: weil die Ungerechtigkeiten anfangen und man verletzbar wird; und weil Margit Schreiner ständig auf Kriegspfad war.
„Vater. Mutter. Kind. Kriegserklärungen“ ist die Beschwörung der Kraft, die sie damals hatte,  auch der Kraft zur Rebellion. Gegen Mütter und Lehrer sowieso. Das Leben einer Siebenjährigen ist feindlich. In ihr kämpfte es bereits, als die Kassierin im Linzer Lebensmittelgeschäft Kolczak dem Mädchen nicht die verlangten 100 Stollwerckzuckerln für einen Schilling gab, sondern zehn.
Das autobiografische Schreiben Schreiners ist oft ein Raunzen mit Hirn.
Ein Monologisieren  bei Themen wie Kindererziehung, Sexualität, Trennung, Altwerden und jetzt  Kindsein nach dem Krieg in der Voest-Siedlung. Kunst und Leben sind eins. Die Schriftstellerin protzt  nicht, nie würde man  auf die Idee kommen, Banalitäten werden erzählt. Das Komische sorgt dafür. Dass das Kind Angst hatte, vom Zupfen könnten die Schamlippen lang werden, ist nicht banal und schon gar nicht peinlich.
Die 66-Jährige greift mit Kommentaren  ein und stellt Verbindungen her.
Schuleintritt – gefährlich.
Pension – gefährlich.
Im siebenten Jahr: der Ernst beginnt. Im siebenten Jahrzehnt: Der Ernst könnte jetzt endlich ablegt werden.
Persönlicher Lieblingssatz im Buch: „Basti kam wegen seines Alters als Freund nicht in Frage.“


Margit
Schreiner:

„Vater. Mutter. Kind. Kriegserklärungen“
Schöffling Verlag.
224 Seiten.
22,70 Euro

KURIER-Wertung: ****

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