Buchkritik: Kiley Reid über "Such a Fun Age"

Buchkritik: Kiley Reid über "Such a Fun Age"
Nicht einmal Nüsse darf man sich anschauen: Um den amerikanischen Rassismus zu zeigen, braucht es keine Gewalt

Gleich wird die Babysitterin in den Lieblingssupermarkt der Familie Chamberlain gehen. Er hat nachts offen, und weil die Polizei wegen einer eingeschlagenen Fensterscheibe ins Haus kommen wird, hat Frau Chamberlain die Babysitterin gebeten, mit der dreijährigen Tochter kurz spazieren zu gehen.

Man merkt es gar nicht, wie viele brisante Themen angesprochen werden. Hautfarbe, Privilegien, Krankenversicherung, Vorurteile, Liebe, Zukunftsangst.

Alles kommt ganz leicht, die amerikanische Schriftstellerin Kiley Reid - Foto oben - bevorzugt das Komödiantische. Sie bevorzugt lockere Dialoge statt hartnäckigem Auf-den-Tisch-Hauen. Sie braucht keine Gewalt zu zeigen, um Rassismus zu beschreiben. „Such a Fun Age“ schlug voll ein.

Philadelphia in den Jahren vor Trump. Die Babysitterin ist eine schwarze 25-Jährige. Sie war gerade mit Freundinnen auf einer Geburtstagsfeier. Dementsprechend trägt Emira Partykleidung, als sie die kleine B. übernimmt. High Heels und etwas alkoholisiert.

Fehlalarm

Die beiden mögen einander sehr. Gut 20 Stunden wöchentlich sind sie zusammen. So sieht Liebe aus. Zwischen Mutter und Tochter bemerkt man die Liebe nicht.

Die Mutter, um die 35 und weiß, bloggt und arbeitet an einem unnötigen Buch. Der Vater, weiß, berichtet für eine kleine TV-Station vom Wetter. Vermögend sind sie.

Im Supermarkt schaut sich B. gern die verschiedenen Nüsse an. Also gemma ...

Ausgelassen tanzen Emira und B. zwischen den Regalen zur Musik Whitney Houstons.

Es naht der Wachdienst.

Denn sofort wird Emira verdächtigt, das Kind entführt zu haben. Eine schreckliche Szene. Eine lustige Szene. Alles wird von einem Kunden gefilmt und landet, was Emira gar nicht wollte, im Internet.

„Such a Fun Age“ ist ihr Lebenskampf. Ein „lustiges Alter“, auch weil sie nach ihrem Englischstudium keine Anstellung findet.

Babysitter müssen in den USA Angst haben, auf einem Legoauto auszurutschen. Ohne Versicherung kann ein Krankenhausbesuch gleich 6000 Dollar kosten. Babysitter bekommen um die 14 Dollar pro Stunde, und immerhin wird von ihnen erwartet, dass sie das Kind sehr, sehr gern haben. Auch das lernt man bei Kiley Reid (die ihr Studium als Babysitterin finanzierte).


Kiley Reid:
„Such a Fun Age“
Übersetzt von
Corinna Vierkant.
Ullstein Verlag.
352 Seiten.
22,90 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

Kommentare