Botho Strauß: Bilder einer Welt, die - insipide ist

Botho Strauß: Bilder einer Welt, die - insipide ist
In "Der Fortführer" bringt der deutsche Dramatiker wieder Ungesagtes in Form.

Im neuen Buch von Botho Strauß, ab Montag im Handel, sind die ersten Worte:
„Und der Schatten des Baums wird für den Sohn da sein.“
Das ist so tröstlich, dass man gleich eine Allee pflanzen möchte, wäre das Wetter besser.
Der Satz ist nicht von Strauß.
Sondern von Antoine de Saint-Exupéry.
Botho Strauß, der  anschließend auf rund 100 Seiten wortmalt,  macht das Verstehen und Spüren meist nicht so einfach: Einer der großen Intellektuellen und meistgespielten zeitgenössischen Dramatiker Deutschlands kann halt nicht einfach schreiben, dass die Welt vertrottelt.
Das  würde man nicht nur verstehen. Man würde es sogar ... verstehen. Verstanden? Bei ihm heißt es: Die Welt sei „insipide“ geworden.
Vielleicht hängt das damit zusammen, dass er missverstanden wurde. (Oder auch nicht missverstanden wurde.) Vor zweieinhalb Jahren fand er sich ins rechte Eck gestellt, weil er  die „Flutung des Landes mit Fremden“ kritisiert und von „Fremdherrschaft“ geschrieben hatte, als hätte ein Großwesir Mitteleuropa  erobert (Strauß: „Ich glaube, ich bin der letzte Deutsche“).
Deshalb jetzt lieber Geheimsprache?
Botho Strauß’ Kürzest-Texte sind keine Mini-Romane und keine Aphorismen, es sind Gedanken, die poetisiert werden. Daraus können ziemlich verschwommene Bilder werden. Zitat: „Orphische Intelligenz berührt das Unvordenkliche.“
Und manchmal wachsen sie wie eine Insel aus dem Meer des Belanglosen:
„Warum gibt es keine Verbindung (Nährstränge) von den Klugen zu den Dummen?
Weil die Dummen emanzipiert sind, die Klugen aber nicht.“
Immer ist es der Versuch, Ungesagtes zur Sprache zu bringen. Strauß führt vorangegangene Dichter fort, er führt auch Leser fort  (=weg) aus ihrem Bereich. Deshalb „Der Fortführer“.
Sohn Simon Strauß ist auch so einer. Er setzte kürzlich mit dem Romandebüt „Sieben Nächte“  fort – Gedanken eines Mannes, der demnächst 30 wird und ... „Nicht mehr zu wollen, als man hat, davor habe ich Angst.“ Das schlägt zu, notwendigerweise.

 

 


Botho Strauß: „Der Fortführer
Rowohlt.
208 Seiten.
20 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

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