Bob Dylan live: Verständliche Lyrik, einnehmende Atmosphäre

Der Nobelpreisträger bewies in Salzburg, dass er mit steigendem Alter immer besser wird.

Am 24. Mai wird Bob Dylan 77. Und mit jedem Jahr, in dem er seine sogenannte „Neverending“-Tour fortführt, wird er besser. Schon viele Male war die 2016 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnete Musik-Legende auf dieser 1988 (!) gestarteten Tour in Österreich. Da gab es in den 90er-Jahren Shows, bei denen Dylans Gesang derart geraunt und der Sound so schlecht waren, dass Hits wie „Like A Rolling Stone“ erst beim letzten Refrain zu erkennen waren.

Ganz anders Freitag in Salzburg: Natürlich ist sein „Gesang“ nach wie vor mehr ein Sprechen des Textes, das in der Tonhöhe meistens nur variiert, wenn es Akkordwechsel gibt. Aber das ist Dylans Stil heutzutage. Und hier in Salzburg hat das Seele, verbreitet die Aura von viel intensiv gelebtem Leben. Auch, weil man die preisgekrönte Lyrik diesmal versteht – nicht nur Fragmente davon, nein, ganze Strophen.

Gleich als zweiten Song stimmt Dylan „Don’t Think Twice, It’s Alright“ an. Viele derart große Hits hat er nicht im Programm. Dafür drei Coverversionen von Klassikern des Great American Songbook, dem er voriges Jahr ein Triple-Album gewidmet hat. Und vier Zuckerl aus „Tempest“, dem letzten Album mit eigenen Songs.

Die Band interpretiert dieses Repertoire mit Einfühlungsvermögen, wechselt zwischen Boogie, Country, Folk, Rock und kommt immer wieder auf den Blues zurück. Zwar ist das Quintett nicht immer exakt im Zusammenspiel. Aber das stört nicht.

Bob Dylan live: Verständliche Lyrik, einnehmende Atmosphäre

Club-Atmosphäre

Denn die Szenerie mit ein paar gelblichen Scheinwerfern und einem rötlich-braunen Vorhang soll Club-Atmosphäre suggerieren. Und wie es in den 60ern in Clubs so war, geht es auch hier nicht um Perfektion, sondern um die Freude am Spielen. Immer wieder improvisieren Dylan und seine Band ein wenig. Auch zwischen den Songs spielen sie weiter, so als würde sich jeder für jeden Song wieder neu einspielen.

Der Meister steht oder sitzt derweil hinter dem Klavier und kommt nur ein paar Mal zum Mikrofon in der Mitte. Er sagt kein einziges Wort, kein „Hello“ und kein „Thank You“. Auch egal. Die Musik spricht für sich, wird mit Fortdauer der Show immer packender. „Tangled Up In Blue“ ist ein erster Höhepunkt. Und der satte Blues von „Early Roman Kings“ ist hier grandios. Bei „Autumn Leaves“ zeigt Dylan dann, dass er doch auch noch richtige Melodien singen kann, und klingt in der Folge bei „Long And Wasted Years“ herzzerreißend traurig.

„Blowing In The Wind“ mit einer Geige interpretiert reißt dann in der Zugabe die Zuschauer von den Sesseln. Die, die dann ganz vorne stehen, sehen jetzt, wie Dylan sich bei seinem Publikum bedankt: Er strahlt und genießt das Finale genau so wie sein Publikum.

 

INFO

Bob Dylan tritt am Montag in der Wiener Stadthalle auf. Für die Show gibt es noch Restkarten. Beginn ist pünktlich um 19.30 Uhr, es gibt kein Vorprogramm.

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