"Blutorgel" und Wiener Mädl

Skulpturale Chimären aus verrostetem Schrott; aufgeschlitzte Matratzen, aus denen Stroh wie Innereien hervorquillt; feingliedrige Zeichnungen weiblicher Leiber in allerlei peinvollen Verrenkungen und Verschnürungen; turbulente Versionen von Vanitas-Darstellungen: Es ist ein variiertes Werk, das Adolf Frohner bei seinem Tod 2007 hinterließ.

Krems
Arbeiten aus den frühen Sechzigerjahren widmet sich die Schau in Krems. Im Zentrum steht die legendäre Einmauerungsaktion-Aktion " Blutorgel" bei der Frohner, Otto Muehl, Hermann Nitsch und Josef Dvorak drei Tage in einem Atelierkeller verbrachten.
Von der damals entstandenen Kunst ist zwar kaum noch etwas greifbar, doch das Forum Frohner bietet, nebst fotografischer Dokumentation, Einblick in die wortgewaltige Manifestschrift der " Blutorgel".

Kurz darauf kehrte er sich vom Aktionismus ab und zu gerade jenen Ausdrucksmitteln zurück, denen man zuvor so vehement den Kampf angesagt hatte.
Figürlich
Wie der Essl-Teil der Doppelausstellung zeigt, fand Frohner Mitte der Sechzigerjahre wieder zum Tafelbild, zur figürlichen Repräsentation, und vor allem zur weiblichen Form.
Die beleibten Protagonistinnen der Gemälde und Grafiken sind Projektionsflächen einer Erotik, zu der Frohner als Katalysator problematischer gesellschaftlicher Wahrnehmungen selbst in eine höchst zwiespältige Position rutscht.
Spätere Arbeiten gehen in einem Strudel aus Eros und Thanatos auf. "Wiener Mädel" teilen sich den Bildraum mit Gerippen, das Selbstporträt "Ich und ichich", zeigt Frohners, dessen Körper sich nach oben hin in eine lebendige und eine verweste Hälfte teilt.
Bilder: Frohner-Austellung im Essl-Museum
Hässlich
Offen zelebriert Frohner das Hässliche, spielt mit dem Anziehenden und Abstoßenden des Körperlichen und thematisiert Tabus.
Die Ausstellungen in Krems und Klosterneuburg zeigen dabei eine Bewegung von der radikalen Verweigerung des Konventionellen hin zu einer einfacheren Bildsprache mit klar lesbaren Symbolen und Inhalten von universeller Bedeutung.
Ziel war wohl immer: Anzuecken, bei einer Gesellschaft mit mittelmäßigem Geschmack. Versehentlich dürfte Frohner bei dieser stellenweise auch ganz gut angekommen sein.
Der Künstler
Adolf Frohner war einer der bedeutendsten Maler und Grafiker Österreichs. Der Autodidakt, dem in den 1950er-Jahren wegen „mangelnder Eignung zur Malerei“ die Aufnahme an die Akademie der bildenden Künste verwehrt wurde, war einer der Mitbegründer des „Wiener Aktionismus“. Später konzentrierte er sich immer mehr auf die reine Malerei und Zeichnung. Der Künstler wäre heuer (am 12. März) 80 Jahre alt geworden. Er starb im Jänner 2007 wenige Tage nach dem Spatenstich für „sein“ Museum im Minoritenkloster Krems-Stein.
Die Ausstellungen
Krems: „Blutorgel. Anfänge im Wiener Aktionismus“ im Forum Frohner widmet sich dem Frühwerk.
Klosterneuburg: „Fünf Jahrzehnte Malerei, Grafik, Objekt“ zeigt im Essl-Museum die Entwicklung bis in die letzte Schaffensperiode.
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