"Blutorgel" und Wiener Mädl

Ein älterer Mann mit Bart sitzt vor einer Leinwand, umgeben von Pinseln.
Doppelschau zum 80er im Essl Museum in Klosterneuburg und dem Forum Frohner in Krems.

Skulpturale Chimären aus verrostetem Schrott; aufgeschlitzte Matratzen, aus denen Stroh wie Innereien hervorquillt; feingliedrige Zeichnungen weiblicher Leiber in allerlei peinvollen Verrenkungen und Verschnürungen; turbulente Versionen von Vanitas-Darstellungen: Es ist ein variiertes Werk, das Adolf Frohner bei seinem Tod 2007 hinterließ.

Ein abstraktes Kunstwerk mit einem Loch, das mit verbranntem Stroh gefüllt ist.
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Von den Anfängen im Aktionismus über die Wiederentdeckung der figürlichen Malerei bis hin zu expressiv-gestischen Gemälden der letzten Jahre: Seine künstlerische Entwicklung lässt sich derzeit in einer zweiteiligen Ausstellung verfolgen, die dasEssl Museumin Kooperation mit dem Forum Frohner in Krems anlässlich des 80. Geburtstags des Künstlers präsentiert.

Krems

Arbeiten aus den frühen Sechzigerjahren widmet sich die Schau in Krems. Im Zentrum steht die legendäre Einmauerungsaktion-Aktion " Blutorgel" bei der Frohner, Otto Muehl, Hermann Nitsch und Josef Dvorak drei Tage in einem Atelierkeller verbrachten.

Von der damals entstandenen Kunst ist zwar kaum noch etwas greifbar, doch das Forum Frohner bietet, nebst fotografischer Dokumentation, Einblick in die wortgewaltige Manifestschrift der " Blutorgel".

Ein abstraktes Gemälde mit verschiedenen Materialien und Farbflecken.
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Frohners größtenteils skulpturale Werke aus jener Zeit zeugen von Zerstörungslust und Rebellion gegen die steife Nachkriegsgesellschaft sowie überkommene künstlerische Traditionen. Doch während die " Blutorgel" gemeinhin als Geburtsstunde des Aktionismus gehandelt wird, ist sie für Frohner schon Beginn einer Neuorientierung.

Kurz darauf kehrte er sich vom Aktionismus ab und zu gerade jenen Ausdrucksmitteln zurück, denen man zuvor so vehement den Kampf angesagt hatte.

Figürlich

Wie der Essl-Teil der Doppelausstellung zeigt, fand Frohner Mitte der Sechzigerjahre wieder zum Tafelbild, zur figürlichen Repräsentation, und vor allem zur weiblichen Form.

Die beleibten Protagonistinnen der Gemälde und Grafiken sind Projektionsflächen einer Erotik, zu der Frohner als Katalysator problematischer gesellschaftlicher Wahrnehmungen selbst in eine höchst zwiespältige Position rutscht.

Spätere Arbeiten gehen in einem Strudel aus Eros und Thanatos auf. "Wiener Mädel" teilen sich den Bildraum mit Gerippen, das Selbstporträt "Ich und ichich", zeigt Frohners, dessen Körper sich nach oben hin in eine lebendige und eine verweste Hälfte teilt.

Bilder: Frohner-Austellung im Essl-Museum

Eine Frau liegt auf einem Kissen, ein Bein hochgebunden in einem Schuh.

Ein abstraktes Kunstwerk mit mehreren rechteckigen Formen und dunklen Farben.

Zwei Frauen sitzen auf Stühlen und unterhalten sich in einem Gemälde.

Ein Mann in Alltagskleidung und eine Frau in Unterwäsche stehen vor einem dunklen Hintergrund.

Eine expressive Zeichnung mit mehreren Figuren in einem undefinierten Raum.

Ein Triptychon mit drei Aktfiguren: eine Frau, ein Skelett und ein Mann.

Ein Gemälde zeigt eine Aktfigur neben einem grinsenden Totenkopf.

Ein Gemälde mit zwei Figuren, eine mit einem skelettartigen Gesicht und die andere mit einem Bart.

Eine Strichzeichnung zeigt einen menschlichen Schädel.

Ein expressionistisches Gemälde in Rot-, Weiß- und Schwarztönen mit Figuren.

Hässlich

Offen zelebriert Frohner das Hässliche, spielt mit dem Anziehenden und Abstoßenden des Körperlichen und thematisiert Tabus.

Die Ausstellungen in Krems und Klosterneuburg zeigen dabei eine Bewegung von der radikalen Verweigerung des Konventionellen hin zu einer einfacheren Bildsprache mit klar lesbaren Symbolen und Inhalten von universeller Bedeutung.

Ziel war wohl immer: Anzuecken, bei einer Gesellschaft mit mittelmäßigem Geschmack. Versehentlich dürfte Frohner bei dieser stellenweise auch ganz gut angekommen sein.

( Daniela Fasching)

Der Künstler
Adolf Frohner war einer der bedeutendsten Maler und Grafiker Österreichs. Der Autodidakt, dem in den 1950er-Jahren wegen „mangelnder Eignung zur Malerei“ die Aufnahme an die Akademie der bildenden Künste verwehrt wurde, war einer der Mitbegründer des „Wiener Aktionismus“. Später konzentrierte er sich immer mehr auf die reine Malerei und Zeichnung. Der Künstler wäre heuer (am 12. März) 80 Jahre alt geworden. Er starb im Jänner 2007 wenige Tage nach dem Spatenstich für „sein“ Museum im Minoritenkloster Krems-Stein.

Die Ausstellungen
Krems: „Blutorgel. Anfänge im Wiener Aktionismus“ im Forum Frohner widmet sich dem Frühwerk.

Klosterneuburg: „Fünf Jahrzehnte Malerei, Grafik, Objekt“ zeigt im Essl-Museum die Entwicklung bis in die letzte Schaffensperiode.

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