Fotogeschichte in Nahaufnahme
Finster ist es am Fuß der Rolltreppe, die ins Souterrain der Albertina führt. Finster wie in einer Dunkelkammer ... oder einem Kinosaal. Der doppelte Bezug passt, beschäftigt sich die aktuelle Ausstellung doch gleichermaßen mit Fotografie und mit dem Kino. Die Schau ist Michelangelo Antonionis Filmklassiker "Blow-Up" (1966) gewidmet.
Der wiederum gilt nicht nur als cineastisches Meisterwerk, sondern setzt sich – mit einem Fotografen als Protagonist – auch auf durchdachte Weise mit dem Thema Fotografie auseinander.
Als idealer Einstieg in die Filmwelt Antonionis steht gleich zu Anfang die berühmte Szene im Park, welche nicht nur die restliche Handlung bestimmt, sondern auch die Virtuosität des Regisseurs deutlich macht. Meisterhaft bannt er die sonderbare, stille Atmosphäre in dem abgeschiedenen Park auf Film. Hier, auf einem säuberlichen Rasenstück zwischen Bäumen und Büschen, wird der von David Hemmings gespielte Protagonist Zeuge des heimlichen Treffens eines Liebespaars. Fasziniert beginnt er zu fotografieren – und schießt dabei auch jenes Bild, auf dem er später Hinweise auf einen rätselhaften Mord zu erkennen glaubt.
Impressionen der Ausstellung
Swinging Sixties
Vermittelt über Filmausschnitte, die wie in Bewegung geratene Standbilder zwischen die Fotografien der Ausstellung geschaltet sind, dient die Geschichte des Films als roter Faden, entlang dessen Kurator Walter Moser die Besucher auf eine Reise in die Sechzigerjahre führt. Von der Modefotografie der Swinging Sixties über Sozialreportagefotografie bis hin zu Fotos von Rockkonzerten wird jene Bilderwelt rekonstruiert, in der sich auch Antonionis Protagonist Thomas bewegt. Über den Zusammenhang zwischen Voyeurismus und Fotografie wird genauso nachgedacht wie über die Frage, bis zu welchem Grad Fotografie die Wirklichkeit darstellen kann.
Eine Reihe von Fotos dokumentiert, wie sich Antonioni von den wichtigsten Fotografen seiner Zeit inspirieren ließ. Die Bilder, die den Modefotografen David Bailey wild gestikulierend bei der Arbeit zeigen und verdeutlichen, wie dieser mit den Models auf Tuchfühlung ging, lassen wenig Zweifel daran, dass Bailey als entscheidende Vorlage für die Figur des Protagonisten diente.
Besonders interessant sind jene Bilder, die eigens für den Film entstanden. David Hemmings mag das Fotografieren nur gemimt haben – dennoch können Betrachter heute noch sehen, was der Film-Charakter damals sah.
Die Standfotografen des Films wurden nämlich beauftragt, die im Film dargestellten Modeshootings nachzuahmen, statt nur Szenenbilder anzufertigen. So sind die Ergebnisse dieser Sessions, die im Film nie vorkommen, nun ebenso in der Ausstellung zu sehen.
Foto-Spuren des Films
Auch jene ikonischen Bilder aus dem Park, welche Thomas im Film vergrößert, um dem vermeintlichen Mordfall auf die Spur zu kommen, sind ausgestellt. So können die Besucher schließlich selbst in die Fußstapfen von Thomas treten und zwischen den körnigen, schemenhaften Umrissen nach Anhaltspunkten suchen.
"Blow-Up": Bis 17. 8.
Der Film "Blow-Up" von Michelangelo Antonioni kam 1966 in die Kinos und wurde beim Filmfestival Cannes 1967 mit dem Hauptpreis ausgezeichnet. Der Streifen gilt als einer der wichtigsten Filme der 1960er-Jahre. Neben den vielen Fragen, die er über die (Beweis-)Kraft von Fotos aufwirft, bietet er ein Panoptikum seiner Zeit. Die Musik schrieb Herbie Hancock, die Band Yardbirds (mit dem späteren Led-Zeppelin-Gitarristen Jimmy Page) hat einen Live-Auftritt. Das Wiener Gartenbaukino zeigt den Klassiker am 15. Mai und am 5. Juni (jeweils um 20 Uhr).
Die Ausstellung "Blow-Up – Antonionis Filmklassiker und die Fotografie", kuratiert von Walter Moser, ist bis 17. 8. in der Basteihalle der Albertina zu sehen. Der Katalog zur Schau kostet 29 €.
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