Nur acht Jahre war Birdy alt, als sie mit dem Songschreiben begann. Und obwohl ihre Mutter eine klassische Konzertpianistin ist und der Vater ein Schriftsteller, der damals sogar ein Minialbum mit der Tochter aufgenommen hat, waren ihre Eltern deswegen mehr besorgt als stolz.
„Sie haben mir später erzählt, dass sie immer unten an der Stiege gelauscht haben, wenn ich oben in meinem Zimmer Songs geschrieben habe, und dachten, das klingt so traurig, was ist nur los mit unserer Kleinen?“
Birdy muss lachen, als sie sich im KURIER-Interview daran erinnert. Auch, weil sie diese melancholische Phase mit ihrem eben erschienenen Album „Portraits“ jetzt über Bord geworfen hat.
„In diesen Songs porträtiere ich weit mehr mich als andere“, sagt sie. „Diese Platte dokumentiert die Reise von der Kindheit ins Erwachsenen-Alter. Ich war als Kind immer sehr kritisch mit mir selbst und deshalb geht es auch darum, wieder mit meinem verspielten inneren Kind in Kontakt zu kommen.“
Dass Birdy ihre kindlichen Bedürfnisse nicht ausleben konnte, liegt daran, dass sie schon mit zwölf Jahren ihren ersten Plattenvertrag unterschrieb. „Ich war dann sehr viel von Erwachsenen umgeben, habe das Musikmachen auch sehr ernst genommen und darüber einfach vergessen, ein Kind zu sein.“
Hart zu sich selbst
Ein anderer Grund dafür war, dass ihre Mutter ihr vorlebte, was es heißt, professionelle Musikerin zu sein. „Ich war schon als Baby dabei, als sie übte und man konnte mich bald nicht mehr vom Klavier wegbringen. Mum hat mir Unterricht gegeben, aber an ihr habe ich gesehen, wie hart man dafür arbeiten muss. Wenn sie ein Konzert hat, fängt sein ein Jahr davor an, dafür zu üben, und spielt jeden Tag den ganzen Tag. Dadurch habe ich mitgekriegt, dass man, um gut zu sein, hart zu sich selbst sein muss.“
Während der Pandemie aber konnte die 27-Jährige diese ernste, fast verbissene Einstellung zur Karriere, ablegen. „Ich konnte sechs Jahre keine Tournee spielen, weil die Pandemie ausbrach, als ich gerade mein voriges Album ,Young Heart´ fertigmachte. Das war damals noch dazu sehr melancholisch und eher eine Folk-Platte. Deshalb wollte ich jetzt eine ganz andere Energie, habe deshalb auch viele Songs auf der Gitarre geschrieben, weil die rhythmischer ist. Irgendwie falle ich, wenn ich am Klavier schreibe, immer in traurige Balladen.“
So ist „Paradise Calling“ ein Song, den Birdy für die Bühne geschrieben hat – um zu feiern, dass die Pandemie aus ist und sie wider Konzerte spielen kann. Der Titelsong „Portraits“ spricht an, dass man sich in die Idee von einer Person verlieben kann, aber nicht in die reale Person selbst. Dabei, sagt sie, schwinge auch mit, dass man sich auch von sich selbst ein idealisiertes Bild machen und nicht akzeptieren kann, wer man wirklich ist.
In den Songs „Ruins I“ und „Ruins II“ erzählt sie von einem Paar, das an einem kritischen Punkt in der Beziehung angekommen ist. In dem einen kommen sie darüber hinweg, in dem anderen trennen sie sich.
Und dann ist da noch der Song „I Wish I Was A Shooting Star“. Spannend, denn eigentlich war Birdy genau das. Als sie 2011 mit nur 15 Jahren ihr Debüt-Album „Birdy“ veröffentlichte, verkaufte sich die Sammlung von Coverversionen von Indie-Songs von Acts wie Bon Iver, Fleet Foxes und The National über eine Million Mal.
Aber „I Wish I Was A Shooting Star“ handelt nicht von ihr selbst: „Ich mache Musik, weil ich das liebe. Damit verbunden ist eine gewisse Art von Ruhm mit der ich aber immer Probleme habe, weil ich nicht gerne im Mittelpunkt stehe und mich lieber in mein Heim zurückziehe und zurückgezogen lebe. Mittlerweile geht es schon besser, weil ich in den letzten Jahren selbstsicherer geworden bin, mich einfach mit mir selbst wohler fühle. Aber wirklich gut darin, eine öffentliche Person zu sein und immer gesehen und erkannt zu werden, bin ich immer noch nicht. Deshalb denke ich in dem Song über diese für mich absurde Idee nach, dass man alles aufgibt und alles dafür opfert, dass man ein Star und berühmt wird.“
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