Finale der Salzburger Festspiele: Todessehnsucht in Vollendung

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Gustav Mahlers „Neunte“ wurde von den Berliner Philharmonikern unter Kirill Petrenko fulminant zelebriert

Von: Helmut Christian Mayer

Und das Beste kam zum Schluss: Das Adagio des Finalsatzes mit seinem schmerzvollen Melos erzeugte Gänsehaut. Sein Hauptthema, ein breit strömender, mehrfach variierter Gesang der Streicher, gehört, wie der ganze Satz, zum Überzeugendsten, was Mahler je geschaffen hat.

Im Großen Festspielhaus zelebrierten die Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko zum Finale der Salzburger Festspiele ungemein farbige Streicherklänge, die „ersterbend“ in tiefster Resignation aber auch im „Glauben an die Fortdauer der Existenz nach dem Tode“ endeten. Meisterhaft, wie der Chefdirigent das auskomponierte Ersterben auskostet. Ein solches, kaum mehr hörbares Pianissimo muss man den Musikerinnen und Musikern erst mal entlocken. Und das Publikum war wie gebannt, zuletzt völlige Stille, bevor der Jubel losbrach!

Quälende Todesahnung

„Das Herrlichste, das Gustav Mahler je geschrieben hat“: So enthusiastisch urteilte Alban Berg, der der Uraufführung der 9. Symphonie unter der Leitung von Bruno Walter 1912 in Wien beiwohnte. Mahlers letzte vollendete Symphonie, die „Neunte“, ist wie das vorangegangene „Lied von der Erde“ erfüllt von Schmerz und Resignation.

Das monumentale Werk entstand unter dem Eindruck quälender Todesahnung, hervorgerufen durch eine Herzkrankheit, und ist voll Ausdruck und polyfoner Stimmführung.

Unter dem souveränen, alle Einsätze zeigenden Dirigat von Petrenko, der jede Phrase intensiv gestaltete, wurden Mahlers Klangwelten wunderbar herausgearbeitet. Sehr differenziert und ungemein transparent, mit Präzision und ausgereizter Dynamik, bis hin zu kaum mehr hörbaren Pianissimi, erklangen die extremen Themenkontraste der orchestralen Entladungen und der Lyrismen bei den zwei aufbrausenden Mittelsätzen und den zwei schwerblütigen Außensätzen.

In allen Sätzen, auch bei der täppischen Ländler-Parodie im zweiten wie auch im Totentanz im dritten, fehlte es nicht an stetiger Spannung und großen Emotionen. Beeindruckend wie Petrenko immer den Überblick behielt, wie harmonisch er die vielen Tempowechsel und Übergänge gestaltete, wie nuancenreich er den Orchesterklang modellierte. Alles wirkte präzise durchgearbeitet, dynamisch fein abgestuft, bis ins letzte Detail ausgehört. Und er verfügte über exzellente Solisten in allen Instrumentengruppen, darunter den Flötisten Emmanuel Pahud, den Oboisten Albrecht Mayer oder den Bratschisten Diyang. Stehende Ovationen für ein grandioses Finale der Festspiele!

KURIER-Wertung: 5 Sterne (von 5)

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