Berliner Kunstruine Tacheles wurde geräumt
Die berühmte Kunstruine "Tacheles" in Berlin-Mitte ist am Dienstag weitgehend geräumt worden. Das Amtsgericht Berlin-Mitte bestätigte am Dienstagnachmittag die "friedliche Übergabe" des Gebäudes. Laut der ehemaligen Besetzer ist die Räumung ein großer Verlust für
Berlin.
Polizei und Gerichtsvollzieher forderten ab acht Uhr Maler, Bildhauer und andere Künstler auf, das Gebäude zu verlassen. Wer sich darauf einließ, unterzeichnete einen Vertrag, in dem beide Seiten auf jegliche Ansprüche verzichten. Die Künstler werden mit Geld entschädigt und können bis zur Versteigerung des Hauses noch ihre Sachen aus den Räumen abholen. 20 von ihnen packten daraufhin heute ihre Sachen. Damit sichern sie sich auch gegen hohe Forderungen der Gläubiger ab. Nur ein Ladenlokal, das einzig von der Straße zugänglich ist, sei weiterhin besetzt, erklärte das Gericht.
Zwangsverwaltung
"Das ist alles korrekt abgelaufen und ich kann mich da jetzt nicht weiter aufregen - außer, dass wir jetzt nicht mehr drin sind", erklärte der Kollagen- und Bildhauerkünstler Rupi Wegener, als er das Gebäude verließ. "Dafür sind wir Legende." Er ziehe jetzt eben weiter. Erst mal nach Lichtenberg. "Letztendlich verliert Berlin", sagte auch der Streetart-Künstler Sturmius Sprenger. Die Künstler selbst könnten weiterziehen - notfalls zum Beispiel nach London, wo vor Kurzem die Tacheles-Art-Academy gegründet wurde. Ein Ableger des Berliner Tacheles-Hauses.
Eine Sprecherin der Künstler wiederholte die Forderung der "Tacheles"-Nutzer, dass Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (
SPD) und der für Kunst zuständige Staatssekretär André Schmitz (SPD) zurücktreten sollten. "Sie allein sind verantwortlich für diese Räumung", sagte die Sprecherin.
Die fünfstöckige Ruine steht unter Zwangsverwaltung. Das Gebäude und das dazugehörige Grundstück fielen an ein Gläubigerkonsortium, nachdem die Projektentwicklung durch den letzten Besitzer, eine Tochtergesellschaft der Fundus-Gruppe, gescheitert ist. Die HSH Nordbank ist Vorsitzende des Konsortiums.
Künstlerische Freifläche
Das "Tacheles" ist das letzte verbliebene Gebäude eines Kaufhauskomplexes, der Anfang des vergangenen Jahrhunderts entstanden war. Im
Zweiten Weltkrieg wurde er schwer zerstört, in den 1980er Jahren ließ die Ostberliner Stadtverwaltung große Teile abreißen. Nur der Kopfbau an der Oranienburger Straße blieb erhalten. Er steht unter Denkmalschutz. Nach dem Fall der Mauer schufen die Besetzer hier eine künstlerische Freifläche. Das Haus wurde auch zu einem Anziehungspunkt für Touristen.
1998 hatte die
Fundus-Gruppe das Gelände, auf dem das "Tacheles" steht, vom Land Berlin für rund 2,7 Millionen Euro erworben und wollte dort Wohn- und Geschäftshäuser bauen. Aus den Bauplänen wurde jedoch nichts. Zuletzt gab es immer wieder Aufrufe der Künstler, das Gebäude mit seinem derzeitigen Charakter zu erhalten.
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