Bergmann: "Unglaubliche Krisensituation"

Karin Bergmann zeigte sich am Mittwoch von ihrer neuen Rolle als künstlerische Geschäftsführerin des Burgtheaters auf Zeit selbst noch etwas überrascht: „Selten hat man mich in so exponierter Form wie heute erlebt - und ich selbst hätte das vor kurzem auch nicht für möglich gehalten.“
Zugleich präsentierte sich die Theatermanagerin durchaus selbstbewusst: „Dass ich heute hier alleine stehe, ist völlig in Ordnung - ich kann das. [...] Alle, die mich kennen, wissen, dass ich kein Notnagel bin. Ich bin eine 1,20 Meter Garderobe, die zehn Haken tragen kann.“ Sie freue sich dennoch, dass ihr Hermann Beil, bei dem sie viel über Theater gelernt habe, ihr auf Nachfrage zur Seite stehen werde.
Dabei unterstrich Bergmann, dass sie sich des Ernstes der Lage am Haus völlig bewusst sei: „Das Burgtheater ist in einer katastrophalen Situation, wie ich es mir nie hätte vorstellen können.“ Es gehe nun darum, diese „unglaubliche Krisensituation“ möglichst schnell zu bewältigen: „Ich möchte, dass es wieder um andere Dinge geht, wenn man ans Burgtheater denkt.“
Bergmann hatte einst über Jahre auch mit der zum Auftakt der Finanzkrise entlassenen kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky zusammen gearbeitet, stellt allerdings in Abrede, von den finanziellen Zuständen zu diesem Zeitpunkt etwas gewusst zu haben: „Von diesem sogenannten System Stantejsky habe ich nicht auch nur das Geringste gespürt.“
„Ich sehe mich in erster Linie als integrative Figur“, weshalb sie sich als ersten Schritt auch mit der Dramaturgie zusammensetzen werde: „Die Dramaturgie ist das Wichtigste am Theater.“ Die Dichtung müsse wieder ins Zentrum rücken, nicht die nackten Zahlen. Ziel sei, den Riss im Ensemble zu planieren.
Zum Thema Kündigungen von Schauspielern könne man derzeit nichts sagen, außer: „Ich werde das Ensemble auf dem Niveau halten, wie es dem Burgtheater zu entsprechen hat.“ Überdies wolle sie auf Regisseure zugehen, die bereits früher erfolgreich am Haus gearbeitet haben und dies in der vergangenen Zeit nicht mehr getan hätten. Sie nannte Andreas Kriegenburg, Leander Haußmann oder Thomas Ostermeier. Auch könne sie sich vorstellen, Herbert Fritsch neu zu gewinnen. „Ich werde hier etwas gestalten“, versprach Bergmann.
Ob der in der Vorwoche angesichts der Finanzaffäre entlassene Direktor Matthias Hartmann seine Regiearbeiten am Haus fortsetzen werde, zeige sich nun an seiner Produktion „Der falsche Film“: „Es ist nahezu eine fertige Produktion. Ich möchte Matthias Hartmann einladen, den 'Falschen Film' als Uraufführung zu bringen.“ Das Weitere hänge dann von Hartmann selbst ab: „Eine Kindsweglegung wäre kein gutes Zeichen für die Zukunft.“ Für die geplante Koproduktion der „Letzten Tage der Menschheit“ von Burgtheater und Salzburger Festspielen suche man jedenfalls gemeinsam mit Sven-Eric Bechtolf einen neuen Regisseur.
Zu konkreten Sparideen wollte sich Bergmann am Mittwoch noch nicht positionieren: „Ich möchte mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht konkret dazu äußern, denn ich möchte nicht dilettieren.“ Sie lehne sich zwar so weit aus dem Fenster, dass sie sage: „Das Kasino gehört zum Burgtheater und wir werden und wollen es bespielen.“ Ob es aber formell auf Dauer im Besitz des Burgtheaters bleiben müsse, werde man sehen: „Ich werde dafür kämpfen, werde aber nicht behaupten, es wird so sein.“
Wie lange Bergmann konkret am Haus bleiben wird, lässt sich derzeit noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Ihr Vertrag läuft jedenfalls bis 31. August 2016. „Sollte die Ausschreibung einen idealen Kandidaten hervorbringen, der früher kann, bin ich aber selbstverständlich bereit, Gespräche zu führen“, zeigte sich die Theatermanagerin offen.
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