Bayreuth: Festspielnacht droht Aus

Siemens verlässt Bayreuth als Groß-Sponsor. Ohne die großzügige Unterstützung lässt sich die Übertragung einer Wagner-Oper unter freiem Himmel nur schwer realisieren.

Die Nachricht vom Rückzug des Siemens-Konzerns aus der Finanzierung der Festspielnacht hat uns kalt erwischt", sagt Joachim Oppold. "Das ist ein dickes Brett", betont der Sprecher der Stadt Bayreuth. Er hat wie auch die Marketing- und Tourismus GmbH erst aus den Medien erfahren, dass das Unternehmen künftig neue Wege bei der Förderung von Kunst und Kultur gehen will.

Seit der ersten Live-Übertragung der Wagner-Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" vor drei Jahren hat sich das Public Viewing zum Publikumsmagneten entwickelt. Die Siemens Festspielnacht hat Wagners Idee von "Festspielen zum Nulltarif" Wirklichkeit werden lassen. In diesem Jahr hat sich die Siemens Stiftung die Festspielnacht und die weltweite Live-Übertragung im Internet nach eigenen Angaben eine knappe Million Euro kosten lassen.

Damit wurde die aufwendige Technik - mit einer 180 Quadratmeter großen LED-Wand und einem traumhaften Raumklang mit 86 Lautsprechern im weiten Rund - finanziert, aber auch die Werbung für die Veranstaltung. Rund 40.000 Besucher wurden in den Jahren 2009 und 2010 jeweils gezählt. Eine ähnlich hohe Zahl bei der "Lohengrin"-Übertragung am 14. August dieses Jahres wurde lediglich von einem kräftigen Regenschauer zu Beginn des zweiten Aufzugs verhindert.

Siemens hat die Familie Wanger vor Monaten informiert

Der Leiter des Siemens Kunstprogramms, Michael Roßnagl, zog eine positive Bilanz der Live-Übertragung, der Aufzeichnung der Kinderoper "Der Ring des Nibelungen" und des Wagner-Erlebnis-Parcours für Kinder. Das Konzept der Festspielnacht habe "perfekt funktioniert". Umso überraschender für die meisten Beteiligten kam am Mittwochabend die Nachricht vom Rückzug.

Siemens will die beiden Festspielleiterinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier bereits vor Monaten über die Pläne informiert haben. Beide befinden sich derzeit nach einer anstrengenden Spielzeit im Urlaub. Auf dem "Grünen Hügel" sind Betriebsferien. Das gilt auch für die Festspieltochter BF Medien, die zusammen mit der Stadt Veranstalter der Festspielnacht war.

Die Frage, ob es auch im kommenden Jahr eine Live-Übertragung vom "Grünen Hügel" geben wird, bleibt vorerst offen. "Ohne Sponsoren wird eine Fortsetzung sehr, sehr schwer werden", sagt Manuel Becher, Geschäftsführer der Marketing- und Tourismus GmbH. Oberbürgermeister Michael Hohl (CSU) bedauerte die Entscheidung und dankte Siemens für sein Engagement in Bayreuth und "unvergessliche Public-Viewing-Events". Jetzt gelte es, die Kräfte zu bündeln und nach vorne zu schauen, um die Live-Übertragung auch künftig zu sichern, ließ er aus dem Urlaub mitteilen.

Auch aus Sicht der Siemens-Verantwortlichen war die Festspielnacht vor knapp vier Wochen "wieder ein einmaliges Erlebnis für die Zuschauer". "Wir haben in den vergangenen Jahren erfolgreiche Aufbauarbeit geleistet und die Festspielnacht in Bayreuth als Marke etabliert. Jetzt ist das Projekt den Kinderschuhen entwachsen", erklärte der Welt-Konzern in einer Mitteilung zu seinem Ausstieg.

Auf die Festspiele selbst wird sich der Rückzug nicht auswirken. Die Homepage weist Siemens und Audi zwar als Hauptsponsoren auf. Das Engagement beider Konzerne bezog sich jedoch in erster Linie auf die Rahmenveranstaltung wie die Festspielnacht mit der Live-Übertragung im Internet sowie das Projekt "Wagner für Kinder".

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