Bauhaus: Zum Jubiläum ein Roman über Liebe und Kunst, sehr animierend

Die Engländerin Naomi Wood mischt in "Diese goldenen Jahre" Gropius, Paul Klee und Wassily Kandinsk unter die erfundenen Figuren.

Rot ist schwer  und statisch und quadratisch, Gelb hingegen aggressiv, steht fürs Denken und entspricht  dem Dreieck, und Blau entspannt, Blau ist ständige Bewegung und deshalb ein Kreis.
In Weimar in der neuen Kunstschule lehrte Johannes Itten, was die Farben und Formen des Bauhauses ausmachen.
Hier wird ausprobiert.
Hier wird zuerst die Zunge in die Zitrone gesteckt, bevor sie gezeichnet wird.
Die Nationalsozialisten haben das vor 100 Jahren gegründete Bauhaus in Weimar (1925), in Dessau (1932) und  in Berlin (1933) hintereinander  geschlossen.

Kein Ungeheuer

Das Gefühl, das sich bei „Diese goldenen Jahre“ von Naomi Wood unverzüglich einstellt, ist Unruhe.
Denn auf der Stelle will man selber kreativ sein, nicht Vorgekautes lesen.
Hat man danndie eigenen Zitronen (u.ä.) weggeworfen, kehrt innerer Frieden ein, und man ist zurück bei einer Clique, 1922. Vier Burschen, zwei Mädchen, alle talentiert beim Malen, Bildhauern bzw. am Webstuhl.
Manche Studenten sind schwer wie Rot, andere Blau, selten schlägt jemand mit der Faust zu – und ist Gelb.
Es gibt Freundschaft und Liebe und Obsession, Es gibt Verrat und ein Ungeheuer, das gar keines ist.
Aber das ist ein Geheimnis, das erfährt Paul, einer der Überlebenden,  erst im Alter – viele Jahre nach dem Krieg, als er nach wie vor um jemanden aus der Gruppe trauert, der/die in Buchenwald ermordet worden ist.
Die eiserne Schrift am Tot des ehemaligen Konzentrationslagers, „Jedem das Seine“, wurde übrigens  von einem ehemaligen Bauhaus-Schüler „designt“, auf Befehl eines SS-Bauleiters: von Franz Ehrlich, der selbst inhaftiert war
Ehrlich, Itten, Gropius, Paul Klee und Wassily Kandinsky: Sie werden von Naomi Wood so gut unter die erfundenen Romanfiguren gemischt, dass sie ab jetzt zusammengehören.
Die englische Schriftstellerin ist verliebt in die Bauhaus-Kunst mit ihrer sprudelnden Energie und den Verrücktheiten.
Naomi Wood recherchiert genau, ehe sie ihre Fantasie auf die Fakten legt. Das hat sie  2014 bewiesen, als sie über  Ernest Hemingway und seine Ehefrauen schrieb
„Diese goldenen Jahre“  ist jedenfalls ein Kreis,ein blauer Kreis. Denn der Roman bewegt sich,  und er bewegt. Den Schmus am Ende hätte er nicht verdient:
Da lauscht jemand – Zitat – „den Bäumen, den Bäumen, den Bäumen!“ Und das geht nicht, das geht nicht, das geht nicht.

 

Foto oben: Bauhaus-Parade in Weimar heuer im April zum Gründungsjubiläum

 


Naomi Wood:
„Diese
goldenen Jahre“
Übersetzt von
Claudia Feldmann.
Atlantik Verlag.
384 Seiten.
22,70 Euro.

KURIER-Wertung: ****

 

Kommentare