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Kritik

Ballett-Premiere: Wenn der Tanz aus der Musik kommt

Das Staatsballett bot zum Saisonende „Tänze Bilder Sinfonien“

06/28/2021, 03:00 PM

Von Silvia Kargl

Mit einer anspruchsvollen und ausgezeichnet getanzten Premiere verabschiedete sich das Wiener Staatsballett in der Staatsoper am Samstag in die Sommerpause. Wer sich zum Abschluss dieser im Zeichen von Covid-19 stehenden monatelangen Nicht-Tanz-Saison ein unbeschwert fröhliches Lebenszeichen der Tanzszene erwartet hatte, wurde überrascht.

„Tänze Bilder Sinfonien“ ist ein tiefsinniger Ballettabend unter der musikalischen Leitung Robert Reimers, dessen Titel Programm für drei unterschiedliche Choreografien ist, die ein roter Faden verbindet. Alle basieren auf Sinfonien und starken Bildern.

Den Anfang macht George Balanchines „Symphony in Three Movements“ zu Musik von Igor Strawinsky, die 1946 in New York uraufgeführt wurde.

Erst nach Strawinskys Tod entstand Balanchines Choreografie 1972 für das Strawinsky Festival des New York City Ballet. Sie ist ein Spätwerk Balanchines, ein getanzter Kanon aus seinen fast 30 Strawinsky-Choreografien und mehr als das.

Auch in der Neoklassik Balanchines gibt es Brüche und Akzente, die den Weg des Balletts ins späte 20. Jahrhundert aufzeigen. Es ist nicht mehr der vorwiegend glänzende und funkelnde Balanchine, wenn auch ein humanistischer Aspekt weiterhin überwiegt.

Nach dieser längst fälligen Erstaufführung folgt mit Alexei Ratmanskys „Pictures at an Exhibition“ zu Modest Mussorgskys gleichnamiger Musik das Wien-Debüt eines der meist gefragten Choreografen der Tanzszene. 2014 wiederum in New York entstanden, basiert die variantenreiche Choreografie nicht auf der Orchesterfassung, sondern auf der von Alina Bercu gespielten ursprünglichen Klavierversion.

Kandinsky, Mussorgsky

Neben Mussorgsky sind es Bilder von Wassily Kandinsky, die im Projection Design Wendall K. Harringtons und in originellen Kostümen

der Modeschöpferin Adeline Andrés in einen bezaubernden Dialog mit fünf Tanzpaaren treten. Ausgestellt wird dabei nicht zuletzt der Bühnentanz an sich, dies auch mit an diesem Abend seltenen luftigen Momenten. Zugleich ein Abschied von der langjährigen Ersten Solotänzerin Nina Poláková, die Ballettdirektorin in Bratislava wird und noch einmal ihre Eleganz bewies.

Überwiegend schwarz-grau kommt die Uraufführung von Martin Schläpfers „Sinfonie Nr. 15“ zur letzten, 1971 komponierten Sinfonie Dmitri Schostakowitschs daher, vor dem Hintergrund eines rätselhaften Bildes des Ausstatters Thomas Ziegler.

Ein groß orchestriertes Werk, das ein düsterer Duktus durchzieht. Groß ist auch das 56-köpfige Ensemble, unter anderem mit verschiedenen Gangarten in die Zukunft. Bei Schläpfer fließen Expressionismus und Akrobatik ein, insbesondere in einigen Pas de deux, in denen Frauen und Männer immer wieder miteinander ringen und auch gegen sich kämpfen. Das ist ein bedrückender, mit der Musik einhergehender Totentanz, wohl auch ein Ausdruck eines Lebensgefühls in Zeiten der Pandemie.

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