Superhelden hadern mit dem Schicksal

Für den zweiten gemeinsamen Leinwand-Auftritt der Marvel-Superhelden ist der Comic-Spezialist Joss Whedon zuständig. Entsprechend rambazamba-mäßig kommen die "Avengers" in "Age of Ultron" (derzeit im Kino) daher. Mit allen Effekten, die die digitale Trickkiste heutzutage ermöglicht, strebt Whedon an den Gipfel des Fantasy-Olymps und zeigt seine Protagonisten im Abspann des Films als Marmorstatuen im Stil von antiken griechischen Göttern.
Dieser Erwartungshaltung entsprechend wird der Eintritt in das Londoner Nobelhotel, in dem sich die "Avengers" der internationalen Presse stellen, zu einer Begegnung der dritten Art: Vorbei an einem Fernsehgerät, das die Schrecken der realen Welt zeigt – wie die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer – landet man vor einem riesigen Poster mit den Rettern aus der Marvel-Welt.
Befehlsausgabe

Gefragt nach dem inspirierendsten Moment bei dieser Filmarbeit, antwortet er lakonisch: "Die Kostümprobe – da war ich umgeben von Spiegeln." Und welche Schauspieler sieht er noch gerne, außer sich selbst? "Peter O’Toole – und Ben Kingsley als Mahatma Ghandi".
Nach diesen erschöpfenden Antworten ist er zu keiner Wortspende mehr bereit, wechselt aber, zum Gaudium der anwesenden Journalisten, sein Sakko gegen eine Lederjacke. In Ermangelung von Spiegeln sogar, ohne das Ergebnis optisch zu überprüfen. Danach scheinen Downeys Kollegen bemüht, das Superheldenimage herunterzuspielen. Allen voran Hulk-Darsteller Mark Ruffalo: "Privat bin ich auch nur ein ganz normaler Mann. Meine Frau ärgert sich, dass ich so viel bei Dreharbeiten unterwegs bin. Und sie ruft oft an und fragt, was ich denn gerade spiele? Wenn ich sage, dass ich die Welt retten muss, dann meint sie: Bändige erst einmal unsere Kinder!"
Im Film müssen die "Avengers" gegen die künstliche Intelligenz " Ultron" auftreten, die die Menschen ausrotten will. Trotz rasanter Actionszenen in 3-D lebt der Film auch sehr von den Schauspielern. Die von ihnen dargestellten Superhelden hadern mit dem Schicksal und sehnen sich nach einer Couch. Nicht nur, um sich nach den Mühen der Weltenrettung auszuschlafen, sondern auch – so Psychiater in der Marvel-Welt überhaupt denkbar sind, – um sich therapieren zu lassen.
Das sind die Avengers
KURIER: Wie schwierig ist es für einen Schauspieler, sich gegen rasante Actionszenen zu behaupten?
Chris Evans ("Captain America"): Beim Drehen sitzt man oft vor einer grünen Wand, auf die später die Spezialeffekte projiziert werden, und spricht mit irgendeinem Ding, einem Tennisball oder so. Aber als Schauspieler mit klassischer Ausbildung ist man ja daran gewöhnt, im Cape und mit Federhut Shakespeare-Texte zu sprechen, dabei mit dem Schwert zu kämpfen und trotzdem so zu tun, als wäre das normal.
Scarlett Johansson ("Schwarze Witwe"): Ich spiele eine Frau, die eine harte Jugend hinter sich hat und die gerne kämpft. Daraus kann man als Schauspielerin schon was machen. Außerdem mag ich Herausforderungen. Rollen nach dem Motto: "Sei schön und halt den Mund", sind für mich uninteressant.
Als Schwarze Witwe können Sie den Hulk so besänftigen, dass aus ihm eine friedliche Kreatur wird. Heißt das, dass er in der nächsten Folge nicht mehr vorkommt, denn als friedlicher Romantiker eignet er sich ja nicht mehr zum Weltenretter?
Mark Ruffalo: Das habe ich unseren Regisseur und Drehbuchautor auch gefragt – aber er wollte es nicht sagen.
Scarlett Johansson: Ich fände das sehr schade! Aber ich kann dich ja solange ärgern, bis du wieder grün wirst.
Auch bei einem weiteren Schauspieler ist es fraglich, ob er in der schon fix für 2018 geplanten Folge "The Avengers 3: Infinity War" vorkommen wird: " Ultron"-Darsteller James Spader. Im ersten Teil der "Avengers"-Serie war nur seine Stimme zu hören. Nun ist er kurz zu sehen – mit kantigen Gesichtszügen und einer knackigen Kehrseite aus rostfreiem Stahl.
Mr. Spader, stört es Sie, dass Sie nach diesem Kurzauftritt wieder verschwinden könnten?
James Spader (" Ultron"): Im ersten Teil hatte meine Arbeit erst begonnen, nachdem die anderen Schauspieler nach wochenlangen Dreharbeiten schon fix und fertig waren. Ich kam, um ein paar Machtworte in ein Mikrofon zu sprechen, und dafür gab’s einen Sack voll Geld.
Mark Ruffalo: Du hast wirklich einen Sack voll Geld bekommen?
James Spader: Für die Zeit, in der ich nur meine Stimme beisteuern musste, ist mir das so vorgekommen. Jetzt, wo ich auch mit Gesicht und Körper arbeiten musste, fühle ich mich unterbezahlt.
KURIER-Leserinnen und -Leser dürfen sich über eine neue Autorin an dieser Stelle freuen. Und wir freuen uns über eine wunderbare neue Kollegin: Gabriele Flossmann wird künftig regelmäßig im KURIER über Filme schreiben – Interviews und Kritiken. Flossmann ist als Filmexpertin international anerkannt und bewegt sich kompetent und geschmackssicher zwischen Autorenfilmen und großen Hollywoodproduktionen. Von 1978 bis 2011 war sie beim ORF, u. a. als Leiterin des Filmressorts und Sendungsverantwortliche für Magazine und aktuelle Kultur. Sie bildet künftig mit Alexandra Seibel, der Ersten Filmkritikerin, unser Top-Team in diesem wichtigen Bereich!
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