Aufregung um Professur am Reinhardt-Seminar

Aufregung um Professur am Reinhardt-Seminar
An der international renommierten Ausbildungsstätte für den Theaternachwuchs gehen wegen der Besetzung der Regie-Professur die Wogen hoch.

Bereits seit zwei Jahren gärt es, in den vergangenen Tagen ist es eskaliert. Die Streitfrage: Wer wird neuer Professor für Regie am Wiener Max-Reinhardt-Seminar?

Professoren, Studenten und Vertreter der Gleichbehandlungskommission hatten sich einstimmig für den gefeierten und  mehrfach am Burgtheater erfolgreichen Schweizer Theatermacher Stefan Bachmann ausgesprochen. Zuletzt hatte es jedoch den Anschein,  als würde Anna Maria Krassnigg, Chefin der Wiener Kleinbühne "Salon 5", das Rennen machen. Dagegen laufen am Reinhardt-Seminar nicht nur Studentenvertreter Sturm.

Lippenlesen

Aufregung um Professur am Reinhardt-Seminar

Das Seminar gehört zur Universität für Musik und darstellende Kunst. Der verantwortliche Rektor Werner Hasitschka, der letztlich auch die Wahl trifft, hatte in einem Mail betont, dass die Entscheidung "endgültig und unwiderruflich" gefallen sei. Seine Formulierung "read my lips" hatte Studenten empört. "Eine infame Vorgangsweise", heißt es dazu.

In einem Telefonat mit Hans Hoffer, dem Institutsvorstand des Reinhardt-Seminars, meinte Hasitschka  jedoch plötzlich, dass das "Verfahren ergebnisoffen" sei. Hoffer will diese "neue Hoffnung nicht zerstören" und sagt gegenüber dem KURIER nur: "Wir wünschen uns, dass eine Entscheidung für das höchstmögliche Niveau, entsprechend der Empfehlung der Kommission, getroffen wird."

Diese hatte sich – nach einer öffentlichen Lehrprobe – vor zwei Jahren in einem Einser-Vorschlag für Stefan Bachmann ausgesprochen. Das war dem Rektor zu wenig, er verlangte einen Dreier-Vorschlag. Der sah dann so aus: Platz 1: Bachmann; Platz 2: blieb leer; Platz 3: ex aequo Anna Maria Krassnigg und Sandra Strunz. Etwaige Polit-Interventionen wollte niemand bestätigen.

Bachmann wird 2013 als Nachfolger von Karin Beier das Schauspiel Köln leiten. Gestern betonte er neuerlich, dass  sich die  Professur parallel dazu ausginge. Rektor Hasitschka äußerste diesbezüglich Bedenken.

Skepsis

Aufregung um Professur am Reinhardt-Seminar

Dass nun nach so langer Wartezeit plötzlich doch Krassnigg das Rennen machen sollte, sorgte im Reinhardt-Seminar für Empörung. Die Skepsis gegenüber Krassnigg resultiert daraus, dass sie sechs Jahre lang als Gastprofessorin am Seminar tätig war, diese Arbeit aber von Studenten und Lehrenden "mit Zweifel und negativer Beurteilung belegt wurde". So heißt es  in einem Brief von Hoffer an Hasitschka, weitergeleitet an renommierte Lehrende, darunter Burgtheater-Größen. Für Bachmann hingegen sprächen auch die Synergien, die sich aus seiner Intendanz an einem großen Haus und dem damit verbundenen großen Netzwerk ergäben.

Zurzeit gibt es einen Einzigen, der am Seminar Regie unterrichtet: Michael Gruner. Dieses Fach sollte aufgewertet werden, dafür wurde die ehemalige Professoren-Stelle von Klaus Maria Brandauer in eine Regie-Position umgewidmet. Aus dem Seminar hört man, dass bereits Studenten wegen der Vorgänge an deutsche Unis abgewandert seien.

Krassnig spricht gegenüber dem KURIER von "Mobbing" ungeahnten Ausmaßes. Der Rektor selbst hätte mit ihrer Berufung ein "freches, weibliches Signal" setzen wollen, ihr "progressiver, zeitgenössischer Ansatz" hätte offenbar manche verstört: "Ich finde, Inszenieren kann man nur beim Inszenieren lernen. Die theaterferne Riege am Seminar meint, das sei auch als Theoriefach von Köln aus möglich." Bachmann kontert via KURIER, er habe sein Hearing am Seminar absolviert, lange bevor er die Intendanz in Köln angenommen habe: "Ich sehe auch nichts ,ergebnisoffen’. Ich habe vom Rektor per Mail eine unmissverständliche Absage erhalten."

Für Bachmann ist alles ein "abgekartetes Spiel": "Nach dem, was ich jetzt an Reaktionen erfahren habe, stellt sich bei mir der Verdacht ein, dass schon vor dem Berufungsverfahren klar war, wer die Professur erhalten soll. Das ist unwürdig. Ich komme mir sehr vorgeführt vor. Die Qualität der derzeitigen Regieklasse lässt sich ja daran ablesen, dass deren Absolventen am deutschsprachigen Theatermarkt keine Rolle spielen. Da wäre ich in meiner Doppelfunktion wohl keine schlechte Wahl gewesen." Ob er noch zur Verfügung stünde? "Ich will nichts ausschließen."

Zuletzt hatte es um eine andere Professur an der Uni für Musik und darstellende Kunst Aufregung gegeben: Star-Schlagwerker Martin Grubinger wurde nicht einmal vorgeladen. Auch damals war von einem "Verfahren, das noch lange nicht entschieden ist", die Rede. Das Ergebnis ist bekannt: Grubinger wurde es nicht.

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