Ars Electronica zeigt die totale Überwachung

Eine Frau steht in einem weißen Raum vor einer Wand mit Lichtern und Roboterkameras.
"Desire of Codes" nennt sich eine Installation der Japanerin Seiko Mikami im Keller des Lentos-Museums in Linz, bei der man auf Schritt und Tritt mit Kameras verfolgt wird. Den Besuchern wird so gezeigt, wie sie in einer immer stärker technifizierten Welt wahrgenommen werden.

Jede Bewegung im Untergeschoß des Linzer Kunstmuseums Lentos wird derzeit überwacht: Kameras filmen die Besucher, registrieren alles und projizieren es. Die Japanerin Seiko Mikami stellt als Featured Artist des Medienkunstfestivals Ars Electronica seit heute, Donnerstag, die Arbeit "Desire of Codes" aus. Ein mulmiges Gefühl machte sich beim Presserundgang angesichts der Science-Fiction-Installationen breit, die von der Realität teilweise längst überholt worden sind.

Sobald jemand den dunklen Keller des Museums betritt, beginnt es zu surren. Sechs kleine Kameras, die an Roboterarmen befestigt und mit Sensoren ausgestattet sind, verfolgen ihn auf Schritt und Tritt. Die Bewegungen werden gefilmt und auf den Boden übertragen. "Man kann selbst sehen, wie es ausschaut, wenn man beobachtet wird", erklärte der deutsche Kunstwissenschafter Andreas Broeckmann, der Mikamis Schaffen seit beinahe 20 Jahren verfolgt. Eindrucksvoll wird den Besuchern vor Augen geführt, wie sie in einer immer stärker technifizierten Welt wahrgenommen werden.

Eine Frau steht in einem weißen Raum vor einer Wand mit Lichtern und Roboterkameras.

Ars Electronica Linz Seiko Mikami Installation Desire of Codes.
Eine kreisförmige Anordnung von sechseckigen Spiegeln, die verschiedene Szenen reflektieren.

Ars Electronica Linz Seiko Mikami Installation Desire of Codes.
Eine Frau mit dunklen Haaren und einem karierten Kleid vor einem weißen Hintergrund.

Ars Electronica Linz Seiko Mikami Installation Desire of Codes.

Voyeurismus

Die beängstigende Stimmung, in der auch Platz für den eigenen Voyeurismus bleibt, wird im angrenzenden Raum noch verstärkt: Fast wie kleine Waffen ragen 90 mechanische Fühler aus einer meterlangen weißen Wand, die ebenfalls permanent alle Bewegungen erfassen und teilweise filmen und auch Geräusche jenseits der menschlichen Wahrnehmung registrieren. Gegenüberliegend der "Compound Eye Detector Screen", der offenbar vom Facettenauge einer Fliege inspiriert worden und in 61 Sechsecke unterteilt ist. Aktuelle Aufnahmen aus dem Lentos wechseln sich blitzschnell mit Bildern aus zurückliegenden Ausstellungen und Aufnahmen von Webkameras aus verschiedenen Orten der Welt ab.

Beim Anblick von Mikamis Installationen - die Künstlerin selbst konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Linz kommen - läuft von der ersten Sekunde an Kopfkino. Die Überlegung, wie die Welt aus der Perspektive von Millionen Überwachungskameras aussehen mag, ist spannend und zugleich bewusstseinsbildend. Doch auch die Technik hat einmal Pause und beginnt, wenn sich in der Ausstellung für ein paar Minuten nichts rührt, zu "träumen", so der Kunstwissenschafter. Die Maschine ist quasi sich selbst überlassen, kramt, wenn man so will, in ihren Erinnerungen, am Screen tauchen plötzlich ganz andere Bilder auf. Broeckmann: "Dann wird es richtig gruselig."

"Desire of Codes" wird bis 30. September im Lentos zu sehen sein.

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