Architekt Günther Domenig ist tot

Die Erweiterung des Horizonts ereilt einen manchmal gerade dort, wo man es nicht vermutet: Etwa zwischen Kärntner Seevillen und Badehütten oder in einer Einkaufsstraße in Favoriten. An diesen Orten positionierte Günther Domenig zwei seiner markantesten Gebäude: Das Gebäude der Zentralsparkasse in der Wiener Favoritenstraße, deren Metallfassade sich am Eingang wie ein Raupenpanzer zurückstülpt, war 1979 das erste ohne Partner realisierte Projekt des 1934 in Klagenfurt geborenen Architekten. Es war ein Paukenschlag, der weit über die heimische Architekturwelt hinaus hörbar war.
"Die Menschen fühlen sich nicht viereckig"
1986 begann Domenig, der in Graz Architektur studiert hatte, schließlich mit den Arbeiten an seinem " Steinhaus" im Steindorf am Kärntner Ossiacher See. Mehr Skulptur als Gebäude, bildete es gewissermaßen die kristalline Ausformung von Domenigs Gedanken, seinen Ideen zu Architektur, Natur, Tradition und zum In-der-Welt-Sein. "Die Menschen sind nicht viereckig/ sie denken auch nicht viereckig/ und sie fühlen auch nicht viereckig/Sie bilden auch als Gesellschaft/ nicht Gruppen von Stapelware", heißt es in einem Text Domenigs zu dem 2008 eröffneten Haus, der auf der Website seines Architekturbüros publiziert ist. Zahllose Zeichnungen – ein Großteil davon lagert im Wiener MAK – zu dem Großprojekt sind erhalten.
Projekte
Mit seinem Büro realisierte der Träger des Großen Österreichischen Staatspreises (2006) auch viele "bodenständigere" Projekte, darunter die Erweiterung der TU Graz (1984), den Zubau des Klagenfurter Stadttheaters (1998), ein Designhotel am Wiener Augarten (2000) und das T-Center am Wiener Rennweg (2004), das heute im Osten Wiens die Skyline bestimmt.
Domenig war auch als Lehrer gefragt: 1980 wurde er als Professor ans Institut für Gebäudelehre, Wohnbau und Entwerfen der TU Graz berufen, wo er 20 Jahre lang unterrichtete. Seinen Studenten und Studentinnen verbot Domenig dabei strikt, seinen Stil zu imitieren: Der Architekt, in dessen "Steinhaus" auch häufig Konzerte avancierter Jazz-Gruppen stattfanden, glaubte fest an die permanente Neuerfindung und Weiterentwicklung.
Am Freitag ist Günther Domenig in seiner Grazer Wohnung gestorben. Er war 77 Jahre alt.
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