Arcade Fire in Wien: Hymnen für Liebhaber der Vielfalt

Die Kanadier kamen mit neun Musikern und dem Instrumentarium eines Orchesters in die Stadthalle.

 Sogar mit Flaschen macht diese Band Musik! Arcade Fire sind schon in der Zugabe angelangt, bei „We Don’t Deserve Love“. Frontfrau Régine Chassagne klopft auf verschieden hohe Glasbehältnisse, lässt sie wie ein Glockenspiel klingen. Aber das ist nicht das einzige für ein Rock-Konzert ungewöhnliche Instrument, das das Künstlerkollektiv in die Wiener Stadthalle mitgebracht hat.

Mit neun Musikern, jeder versiert auf vielen Instrumenten, sind Arcade Fire auf dieser Tournee unterwegs. Sie spielen Saxofon, Oboe, Querflöte, Geige, Klavier und Keyboards. Und selbstverständlich alle Arten von Gitarren. Jede Menge Möglichkeiten also, den Sound abwechslungsreich zu gestalten.

Und das tun die Kandier auch in der Stadthalle. Los geht es - nachdem , ihr Mann und Sänger Win Butler aus dem Publikum auf die Bühne gekommen waren - mit „Everything Now“, dem Titelsong des jüngsten Albums. Sofort wird ordentlich aufs Tempo gedrückt. Dafür sorgt das perfekt harmonierende Drummer/Perkussionisten-Duo der Band. „No Cars Go“ aus dem grandiosen Album „Neon Bible“ fährt genauso in die Beine, wie „Electric Blue“, bei dem Chassagne mit hoher Pieps-Stimme einen Roboter imitiert.

Es folgen Songs, die mal nach elektronischem Alternative-Pop klingen, dann nach Indie-Disco, mal sakral-bombastisch, mal rockig oder folkig. Zusammengehalten wird all das von Win Butlers zerbrechlichem Gesang und der Qualität der Melodien, die er mit seiner Frau schreibt: Oft haben sie hymnische Refrains, immer sind sie eingängig sind und trotzdem frisch und neu.

Ruhiger und nachdenklicher wird es in der Mitte des Sets mit „Une année sans lumière“, einem Song, den Arcade Fire seit 2010 nicht mehr live gespielt haben. Aber die Spielfreude der Band ist auch dabei deutlich zu hören. Wins Bruder Will, busselt vor Freude die Kollegenschaft auf der Bühne ab, schnappt sich dann eine Pauke und läuft damit durchs Publikum. Aber das braucht jetzt eh schon keine Animation mehr. „Rebellion (Lies)“ ist ein letzter furioser Höhepunkt vor der Zugabe.

Und während Chassagne dabei die Flaschen bearbeitet, wandert Win Butler mitten durch die Menge zu einer kleinen Bühne mit Discokugel im hinteren Teil der Halle, singt dabei traurig von seinen Sünden der Nacht. Zurück auf der Bühne stimmt er erst „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ von Bob Dylan an, und dann „Wake Up“, den bekanntesten Song der Band. Sein hymnischer Oh-Oh-Refrain wird im Triumphzug zelebriert. Es ist der eindrucksvolle Schlusspunkt unter ein Konzert, mit dem Arcade Fire einmal mehr deutlich zeigten, warum man sie die größte Indie-Band der Welt nennt.

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