Anleitung zum Träumen: Fennesz präsentiert sein Album "Agora"

Anleitung zum Träumen: Fennesz präsentiert sein Album "Agora"
Der österreichische Elektronikmusiker stellt bei den Wiener Festwochen sein neues Album vor.

Der Sound tastet sich langsam, vorsichtig, fast schüchtern voran. Im Hintergrund rauscht es verhalten, aber anhaltend und mit zunehmender Intensität. Sind das in ein Meer aus Hall-Effekt getauchte Chöre? Oder ist es ein entstellter Gitarrenakkord, den der österreichische Musiker und Komponist Christian Fennesz aus seinen elektronischen „Kastln“ holt?

Eigentlich egal. Denn was zählt, ist das Klangerlebnis – und das ist einzigartig. Nachzuhören ist dieser Ambient-lastige, symphonische und melodisch karge Sound auf seinem kürzlich veröffentlichen Album, das Fennesz heute, Donnerstag, im Rahmen der Wiener Festwochen im Volkstheater vorstellen wird. „Agora“ ist der sanfte, fast schon kuschelige Nachfolger zum etwas rauen „Bécs“ (2014) und umfasst vier Stücke von je zehn bis zwölf Minuten Spielzeit.

Schwerelos

Fennesz fünfte Soloplatte stellt soundtechnisch einen Bruch zum Vorgänger dar. „Es ist irgendwie ein Album der Isolation“, sagt der Musiker, der kürzlich seinen langjährigen Studioplatz aufgegeben hat: „Ich habe einen Wechsel gebraucht“. Für „Agora“ wurde kurzerhand das Schlafzimmer zum Studio umfunktioniert. Viele Instrumente wurden dabei aus Platzgründen erst gar nicht ausgepackt. „Die Situation war nicht optimal, aber irgendwie auch nicht so schlimm. Eigentlich war es sogar ganz angenehm, plötzlich in einem anderen Zusammenhang etwas aufzunehmen. Ich habe wieder wie in den 90er-Jahren gearbeitet.“

1997 nahm mit dem Debütalbum „Hotel Paral.lel“ alles seinen Anfang. Der Durchbruch gelang Fennesz mit „Endless Summer“ (2001). Seither zählt der 56-Jährige zu den wichtigsten Protagonisten der heimischen und internationalen Elektronikszene. Vor allem im asiatischen Raum, speziell in Japan, wird er als Meister der sinnlichen Frequenzverschiebung und des gepflegten Noise-Sounds verehrt. Seine Kollaborationen mit Künstlern wie Sparklehorse, Ryuichi Sakamoto oder dem Grammy-Preisträger Jim O’Rourke haben einen wesentlichen Teil dazu beigetragen.

Die E-Gitarre und der Computer sind die zwei wichtigsten Hilfsmittel, mit denen Fennesz beeindruckende Klanglandschaften erzeugt. Einmal die Gitarrensaiten wild angerissen, wird der Sound durch Effektgeräte gejagt, mit Filtern belegt, verzerrt und gedehnt. Auf „Agora“ lässt er kaum Platz für brachiale Sounds, dafür dominieren intime und verträumte Klangstrukturen, die trotz enormer Dichte und musikalischer Komplexität ein Gefühl von Schwerelosigkeit vermitteln. Musik, die entschleunigt. Einfach zuhören – und nichts dabei machen.

Tipp: Heute, Donnerstag, spielt Fennesz live im Wiener Volkstheater. Beginn: 20 Uhr.

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