"Anastasia" in Linz: Die Zarentochter ist zurück

Ob Matthias Davids, der Leiter der reputierten Musicalsparte des Landestheaters Linz und sein Dramaturg Arne Beeker sich mit der Wahl des Musicals „Anastasia“ als österreichische Erstaufführung einen Gefallen gemacht haben, kann letztlich nur das Publikum beantworten. Relativ überschaubare Laufzeiten am Broadway und in Stuttgart sind keine guten Vorzeichen dafür.
Ein Familienmusical ist es allemal, und Mut haben Davids und Beeker immer bewiesen.
Es geht um die Legende, nach der die Zarentochter Anastasia Romanowa möglicherweise als Einzige die Ermordung der Zarenfamilie 1917 durch die bolschewistischen Revolutionäre überlebte. Lange hielten sich Gerüchte, sie habe das Gedächtnis verloren und sei in verschiedenen Städten unter dem Namen Anja wiederaufgetaucht. Dimitri und Wlad, zwei mittellose, nicht unsympathische Gauner möchten den Finderlohn kassieren, den die Zarenmutter ausgesetzt hat. Aus Anja soll Anastasia werden.
Soweit das Buch. Die Realität schaut anders aus: Auch Anastasia wurde 1917 erschossen. Das wurde 2007 offiziell bestätigt.
Film als Vorbild
Das Buch verfasste Terrence McNally („Meisterklasse“), der sich weniger an dem Zeichentrickfilm orientierte, sondern mehr an dem Film von Anatole Litvak mit Ingrid Bergman und Yul Brynner aus dem Jahre 1956. Komponiert wurde das Musical von Stephen Flaherty, der durch sein exzellentes Werk „Ragtime“ bekannt wurde.
Verglichen mit „Ragtime“ ist die Musik bei „Anastasia“ ungleich flacher und streckenweise nicht sonderlich differenziert. Bei den gelungenen Up-Tempo Nummern merkt man die Qualität von Flaherty und des Orchestrators Doug Besterman. Regisseur Matthias Davids lieferte eine elegante, aber unterkühlte Inszenierung mit ansatzweise guten Einfällen.
Hinzu kommt, dass der jugendliche Protagonist Lukas Sandmann (Dimitri) besser singt als spielt. Hanna Kastner als Anja macht ihre Sache gut. Fazit: Berührung nur auf kleiner Flamme. Großartig hingegen Daniela Dett in der Rolle der Zarenmutter und die pfiffige Judith Jandl als Lilly.
Gute Choreografie
Bühnenbildner Andrew D. Edwards baute ein rotierendes Treppen-Konstrukt, das viele aber nicht alle Szenen gut integriert. Die Arbeit der Choreografin Kim Duddy ist hervorragend. Zu Recht verwendet sie nur in Maßen folkloristische Elemente und auch Artistik. Ihre eigenständigen Ideen sind erstaunlich erfrischend.
Der musikalische Leiter Tom Bitterlich dirigierte sein „Newa-Cluborchester“ mit bewährter Qualität. Das Premierenpublikum war angetan.
Kommentare