Da steht Christine aber drüber. Das kostet sie bestenfalls ein Cremekekslächeln.
Als ihre Mutter Helen und ihr Vater Sam heirateten, bedeutete das eine Katastrophe.
Die jiddische mame von Sam – „ein schwarzes Mädchen???“ erlitt einen tödlichen Herzinfarkt. Und Sams dad einen Schlaganfall („ein Judenjunge???“), der ihn in Form eines halben Hakenkreuzes erstarren ließ.
So steht es geschrieben.
Die Ehe ging schief: Oreos Vater machte sich bald aus dem Staub, sie wird ihn, wenn sie erwachsen ist, suchen (sie sucht ihre Geschichte, ihre Identität) und erlebt einige Abenteuer wie ... wie Theseus.
Der Roman kann’s nämlich auch mythologisch: Theseus suchte Papa Aigeus, und hat er ihn nach vielen Abenteuern gefunden, begeht er einen kleinen Fehler, und der Alte stürzt sich ins Meer.
Oreos Vater wird in ein Hundekörbchen fallen.
Von sehr weit oben.
Als „Oreo“ 1974 erschien, war es der falsche Zeitpunkt. (Terry Jacks sang „Seasons In The Sun“.) Sonst hätte man Fran Ross - Foto oben - gefeiert.
Erst bei der Entdeckung 2010 ließ man die US-Journalistin hoch leben.
Da lebte sie nicht mehr.
„Oreo“ sprengte früh Lesegewohnheiten. Die Satire auf Multikulti und Gegensätze ist eine respektlose Verrücktheit, wie Literatur sie selten hervorbringt.
Jeder Satz lacht und explodiert.
Man kann sich darauf einlassen – bis zum metallischen Jungfernhäutchen ... und noch viel weiter.
Die Handlung wird ständig unterbrochen, etwa durch unlösbare mathematische Aufgaben. Oreo ist nämlich eine tolle Kopfrechnerin – den Stinkquotienten von Footballspielern weiß sie schnell.
Übersetzerin Pieke Biermann, selbst Schriftstellerin, gebührt der nächste Preis. Nicht nur am Südstaaten-Slang lässt sie teilhaben („dadrühm“ ist was!) – auch das Jiddische der Aschkenasim musste sie „rüberbringen“, manchmal im Mischmasch: Ihr kricht von mir so’n klop in’ie kischkes!
(in die Gedärme)
Fran Ross:
„Oreo“
Übersetzt von
Pieke Biermann.
dtv.
288 Seiten.
22,70 Euro.
KURIER-Wertung: ****und ein halber Stern
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