Alain Altinoglu sorgt für Furore

Mit diesem Dirigenten würden wir gern viel, viel öfter arbeiten." Diese Botschaft ließen die Musiker der Wiener Staatsoper Direktor Dominique Meyer zukommen. "Dieser Dirigent" - das ist der erst 35-jährige Alain Altinoglu, der nicht nur im Haus am Ring für Furore sorgt. "Ja, sicher, das ist ein ganz großes, wunderschönes Kompliment", meint Altinoglu. "An diesem Haus und mit diesem Orchester arbeiten zu dürfen, ist ein absolutes Privileg."
Sprachlos
Altinoglu, der in dieser Spielzeit an der Staatsoper neben
Verdis "Falstaff" noch Gounods "Faust" leiten wird, weiter: "Ganz ehrlich, als ich mein Debüt an der Staatsoper gegeben habe, war ich schon etwas nervös. Immerhin sitzen da die Wiener Philharmoniker im Graben. Aber dann hat alles so gut funktioniert, das ich sprachlos war", erklärt der gelernte Pianist, der über die Position eines Korrepetitors zum Dirigieren kam.
Das Klavier ist weiterhin Altinoglus Leidenschaft; immerhin hat er einige Jahre beim Ensemble Intercontemporain gespielt. "Natürlich ist daher Pierre Boulez ein Vorbild von mir", lacht der Maestro. "Aber auch Wilhelm Furtwängler oder Daniel Barenboim sind Idole."
"Ich lerne von allen Kollegen und auch von den diversen Orchestern sehr gern. Als Dirigent ist man ja auf das Orchester angewiesen. Ich kann noch so viel Zeichen geben. Wenn die Musiker nicht wollen, produziere ich nur heiße Luft. Daher ist auch Demut angebracht", so Altinoglu.
Ein Charakterzug, den die größten Häuser und Orchester zu schätzen wissen. Von der Staatsoper bis zur New Yorker MET - der Vater eines fünfjährigen Sohnes hat es nicht immer leicht, die Familie zusammenzuhalten. Aber: "Meine Frau und ich
versuchen, so oft wie möglich in derselben Stadt zu sein. Wir wissen, dass es ein Geschenk ist, im Musikbereich arbeiten zu dürfen. Wenn man damit den Menschen auch noch etwas geben kann, ist die Welt in Ordnung."
Kritik: Herrliche Spiellaune und ein idealer Dirigent
An der Staatsoper dirigiert Alain Altinoglu Verdis "Falstaff" in Marco Arturo Marellis farbenfroher Inszenierung. Altinoglu, der sich bereits mit "Roméo et Juliette" und "Faust" seine Lorbeeren in
Wien verdient hat, führt das hervorragend klingende Orchester souverän durch die drei Akte. Altinoglu verheddert sich nie in den großen Ensembleszenen, behält den Überblick in der gewaltigen Schlussfuge und zeigt stets die Fülle der witzigen Instrumentaleffekte in der Partitur auf.
Auf der Bühne zeigten sich alle in herrlicher Spiellaune. Ambrogio Maestri ist als Falstaff eine Wucht. Er schüttelt die Partie scheinbar aus dem Handgelenk. Die Objekte seiner Begierde - Alice Ford (Ildikó Raimondi) und Meg Page (Nadia Krasteva) - sind wahrlich lustige Weiber. Das Damenquartett komplettieren eine jugendliche Sylvia Schwartz als Nannetta und Hausdebütantin Marie-Nicole Lemieux, die als Mrs. Quickly begeistert. Solid ist Marco Caria als Ford. Der Fenton von Ho-yoon Chung könnte mehr Schmelz vertragen.
KURIER-Wertung: **** von *****
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