Aigelsreiter: "Qualität halten und ausbauen"

Ein Mann mit Brille und dunklem Anzug sitzt an einem Tisch.
Der ORF-Radio-Chefredakteur will die Information weiter ausbauen und einen gemeinsamen Newsroom – egal, wo.

Das Interview mit dem KURIER ist eine ungewohnte Situation für Hannes Aigelsreiter. Zum ersten Mal muss der Journalist Fragen beantworten statt sie zu stellen. Er bittet um Nachsicht "falls ich bei der Antwort zu lang nachdenke".

KURIER: Herr Aigelsreiter, Sie arbeiten im Funkhaus. Es gibt Berechnungen zur ORF-Standortfrage, denen zufolge eine Zusammenlegung aller Standorte am billigsten wäre. Die Rede ist auch von Synergieeffekten zwischen Ö3 und Ö1, die es zu nutzen gelte. Sehen Sie diese Synergieeffekte?

Hannes Aigelsreiter: Wir versuchen jeden Tag, Synergien zu finden, das hat wenig mit Großprojekten zu tun. Ich konzentriere mich auf die Rahmenbedingungen. Die Eigenständigkeit von Radio, Fernsehen, Online darf nicht verloren gehen. Und ich gehe davon aus, dass es einen gemeinsamen Newsroom für die Information geben wird.

Wo soll dieser Ort sein?
Wo es am kostengünstigsten ist. Jetzt sind wir natürlich dort, wo wir schon waren: Niemand weiß, welche Zahlen die richtigen sind, und manchmal denke ich mir: Der Standort bestimmt oft den Standpunkt.

Viele Ihrer Kollegen stehen auf dem Standpunkt, dass das Funkhaus der beste Arbeitsplatz für sie ist.
Ich verstehe, dass es nach dem Funkhaus eine gewisse Sehnsucht gibt, man kennt es ja schon lange und arbeitet gerne hier. Man darf deshalb aber nicht vergessen, sich an einem eventuellen neuen Standort richtig zu positionieren.

Wie unangenehm ist es für Sie, dass Sie als Wunschkandidat der ÖVP galten?
Ich halte politische Zuordnung von ORF-Journalisten für rufschädigend. Aber in diesem Land fühlt man sich offensichtlich wohler, wenn man jemanden punziert ...

Ihre Pläne als Radiochef­redakteur?
Qualität halten und ausbauen.

Ihr Vorgänger Stefan Ströbitzer nahm sich ein "durchgängig formatiertes Info-Radio am Morgen" vor. Woran ist das letztlich gescheitert?
Es ist nicht gescheitert. Es kann mit Nachdruck weitergeführt werden. Aber man darf nicht vergessen: Die ORF-Radiojournalisten müssen kritisch, kompetent, und schnell sein und den Qualitätsjournalismus aufrecht halten. Es wird eine Hauptaufgabe sein, klarzustellen, dass das etwas wert ist.

Sie sind jetzt 48. Wo wollen Sie beruflich noch hin?
Nirgends.

Radio-Chefredakteur ist Ihr Traumjob?
In meinem Verständnis von Journalismus ist das der Zenit.

Viele Argumente für einen zentralen ORF

Der Eingang zum Radiokulturhaus mit einer gläsernen Drehtür.

Ob und wohin der ORF (um)zieht und ob die derzeitigen Standorte Küniglberg, Argentinierstraße (FM4, Ö1) und Heiligenstädter Lände (Ö3) zusammengelegt werden, ist eines der Hauptthemen der ORF-Geschäftsführung und beschäftigt auch die Politik. Die (Wiener) SPÖ plädiert für einen Umzug nach St. Marx. Am kommenden Montag tritt die Arbeitsgruppe Standort wieder zusammen. Zunächst werden die Stiftungsräte, die Mitglieder dieser Arbeitsgruppe sind, ohne ORF-Geschäftsführung diskutieren, wie es weitergehen soll. Für mehr Klarheit, was ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz will und welcher Vision er dabei folgt, hätte das jüngst vorgelegte Papier nicht viel beigetragen, heißt es aus deren Kreis. Die Neuberechnungen, die Wrabetz vor Pfingsten vorgelegt hatte, wurden mehrfach kritisiert, zuletzt analysierte der unabhängige Stiftungsrat Alexander Hartig die Unterlagen und konnte keinen klaren Gewinner unter den verschiedenen Optionen ausmachen. "Es gibt keine Argumente, die ausschließlich für den Neubau sprechen, es gibt aber einige, die für einen zentralen Standort sprechen."

"Faktum ist, dass der Küniglberg nicht zuletzt aus Denkmalschutzgründen in jedem Fall saniert gehört", so ein Mitglied der Arbeitsgruppe. Es brauche nun klare Ansagen. Nicht zuletzt, weil der amtierende Stiftungsrat von Bundeskanzler Werner Faymann ein Ablaufdatum "aufgedrückt" bekommen habe, indem eine Arbeitsgruppe zur Reform und Verkleinerung der Gremien eingesetzt worden ist. Diese tagt am 15. Juni wieder. Mit dabei sein wird auch Ingrid Deltenre, Generaldirektorin der EBU (European Broadcasting Union).

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