52. Viennale eröffnet mit "Amour Fou"

Die 52. Viennale wird in diesem Jahr mit einem österreichischen Film eröffnet: Die trockenhumorige Romanze "Amour Fou" von Jessica Hausner, die im Mai bei den Filmfestspielen in Cannes uraufgeführt wurde, wird am 23. Oktober zum Auftakt gezeigt, teilte das größte heimische Filmfestival der APA mit. Den Abschluss bestreitet am 6. November die bissige schwedische Komödie "Turist" von Ruben Östlund.
Beide Filme liefen in Cannes in der Reihe " Un Certain Regard", der Preis der Jury ging schließlich an Östlund für seinen Film über eine Familie, die vom Vater nach einem Lawinenabgang sich selbst überlassen wird. "Amour Fou" wiederum ist der erste österreichische Eröffnungsfilm seit "La Pivellina" von Tizza Covi und Rainer Frimmel vor fünf Jahren. Damals lief auch Hausners "Lourdes" im Programm der Viennale.
Der schön absurde neue Film von Hausner dreht sich um den Dichter Heinrich von Kleist, der eine Partnerin "nicht für das Leben, sondern für das Sterben" sucht und diese in seiner Geliebten Henriette Vogel findet. Der junge Schwärmer (Christian Friedel) und die Todgeweihte (Birte Schnöink) werden großteils gemäldegleich im Salon inszeniert, in dem über Kunst und Politik diskutiert und zeitgenössischem Gesang gelauscht wird.
Jessica Hausner kennt sich aus in Cannes. Mit ihrem Film "Amour Fou" ist sie bereits zum dritten Mal Gast an der Croisette. Am Freitag lief ihre schöne Arbeit in der Reihe "Un Certain Regard" als einziger Beitrag aus Österreich, der es heuer dorthin schaffte.
In dem exquisiten Kammerspiel "Amour Fou" erzählt die 41-jährige Wienerin von einem Doppelselbstmord – und realisierte mit der Verfilmung dieser Geschichte ein lange gehegtes Projekt. Denn Doppelselbstmorde gelten nicht als Mega-Seller im Kinobetrieb. Umso erfreulicher, dass "Amour Fou" bereits in mehrere Länder (darunter Deutschland und Schweden) verkauft wurde.
Sterbensgenossin
Hausners erster, wunderbar sorgfältig ausgestatteter Historienfilm handelt vom gemeinsamen Freitod des deutschen Dichters Heinrich von Kleist 1811 mit der verheirateten Ehefrau und Mutter Henriette Vogel. Kleist selbst erscheint dabei als narzisstischer Brüter auf der Suche nach einer Sterbensgenossin. Nachdem sich seine Cousine weigert, ist Henriette die nächstbeste Wahl.
Wer sich nun einen romantischen Liebestod als schwärmerische Herzensangelegenheit mit gestohlenen Küssen vorstellt, liegt bei Hausner falsch. Stattdessen erzählt sie in aufgeräumt klaren, beinahe unbeweglichen Bildern von einer romantischen Verblendung. Unruhige Tapetenmuster an der Wand verraten dabei mehr Temperament als Gesichter, (unterdrückte) Gefühle manifestieren sich in der Farbwahl der Kleider.
Eine "romantische Komödie" nennt Hausner ihr implodierendes Melodram, dessen sublime Komik dort entsteht, wo sich die Romantik entzaubert: Ob sie mit dem Dichter leben möchte, will Henriettes Ehemann wissen. "Nein", antwortet diese empört: "Er denkt nur an sich."
Vielleicht bedauert Jessica Hausner, dass "Amour Fou" nicht im Hauptwettbewerb gezeigt wurde. Aber neben Mathieu Amalrics großer Simenon-Verfilmung etwa, die auch in " Un Certain Regard" lief, ist sie in bester Gesellschaft.
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