30 Jahre warten auf "Tim und Struppi"
Fast drei Jahrzehnte hat
Steven Spielberg darauf gewartet, "Tim und Struppi" zu verfilmen. Nun präsentiert Hollywoods Großmeister das berühmte Comic von Hergé als computergenerierten 3-D-Animationsfilm: "Die Abenteuer von Tim und Struppi - Das Geheimnis der ,Einhorn' (3-D)" . Der Film ist prominent besetzt: Jamie Bell spielt den belgischen Reporter Tim, Andy Serkis den von Alkohol umnebelten Captain Haddock und Daniel Craig den zwielichtigen Sakharin. "
Herr der Ringe"-Regisseur Peter Jackson fungierte als Co-Produzent und soll im geplanten zweiten Teil die Regie übernehmen. Der KURIER traf den dreifachen Oscar-Preisträger Steven Spielberg zum Gespräch in Paris.
KURIER: Mister
Spielberg, was gefällt Ihnen so an "Tim und Struppi"?
Steven Spielberg: Ich glaube, Tim ist der erste Protagonist in all meinen Filmen, der nicht irgendwie verschroben ist. Im Ernst: Mir gefällt seine Reinheit und Aufrichtigkeit. Tim hat keinerlei versteckte Absichten - er will einfach nur ein Rätsel lösen. So eine pure Figur findet man heute selten im Kino.
Sie tragen sich schon lange mit diesem Projekt?
Das kann man so sagen. Ich musste einfach auf die richtige Technologie warten, von der ich nicht einmal wusste, ob sie jemals existieren würde. Aber mir war bereits in den 80er-Jahren klar, dass ein Film mit Schauspielern, denen man große Mengen Make-up ins Gesicht schmiert, einfach nicht funktionieren würde. Das wäre nur eine Enttäuschung für die Fans gewesen.
Das sogenannte Performance-Capture-Verfahren war dann die richtige Technologie?(Anm.: die Gesichtsausdrücke der Schauspieler werden gescannt und zur Animation computergenerierter Charaktere eingesetzt.)
Genau. James Camerons "Avatar" war natürlich ein Schlüsselfilm, aber er kombinierte Live-Action mit Animation. "Tim und Struppi" dagegen ist reine Animation. Trotzdem wirken die Figuren so lebendig, weil sie eben von echten Schauspielern dargestellt wurden. Man hat das Gefühl, sie haben eine Seele, sie haben Humor und all die anderen Gefühle, die wir Menschen auch haben. Darauf bin ich sehr stolz.
Haben Sie Hergé je kennengelernt?
Nur am Telefon.
Was haben Sie gesagt?
(Mit hoher Stimme:) Bon Jour! (lacht) Nun, ich habe ihm gesagt - das war im Jahr 1983 - dass ich ein großer Fan seiner Arbeit bin, und er hat mir das Kompliment zurückgegeben. Ganz besonders mochte er die "Indiana Jones"-Filme.
Da gibt es ja auch Ähnlichkeiten zu "Tim und Struppi".
Hergé dachte sogar, ich hätte seine Bücher gekannt, bevor ich "Indiana Jones" drehte, dabei war es genau umgekehrt: Ich wurde erst darauf aufmerksam, als die französische Presse beide miteinander verglich. Jedenfalls sagte Hergé zu mir: "Sie sind der einzige Regisseur, dem ich zutraue, dass er meine Bücher adäquat verfilmen kann." Ich will hier nicht angeben, aber das hat er wörtlich gesagt.
Hergé wurde nach dem Krieg immer wieder kritisiert, unter anderem für rassistische Darstellungen. Gab es da für Sie Probleme?
Nein, überhaupt nicht. Es gibt ein Buch - "Tim im Kongo" - mit wirklich rassistischen Stereotypen. Das würden wir nie anrühren. Aber Hergé hat sich zu Lebzeiten dafür entschuldigt und beteuert, dass das mit seiner Jugend, aber auch mit der damaligen Zeit zu tun hatte. Ich kann das akzeptieren.
In
Amerika ist "Tim und Struppi" weitgehend unbekannt. Ist das ein Problem?
Das stimmt, die Amerikaner kennen die Serie nicht. Aber wir hoffen, dass sie "Tim und Struppi" genauso entdecken wie davor "Indiana Jones", "E. T." oder "Star Wars".
Bell: "Noch anstrengender als ,Billy Elliot'"
Kein Mensch erkennt das Gesicht von
Jamie Bell hinter der animierten Comic-Figur "Tim" - dem Helden in Steven Spielbergs Animationsfilm "Tim und Struppi". Doch Jamie Bell sieht das entspannt. Während sich sein französischer Kollege Gad Elmaleh darüber beklagte, dass ihn nicht einmal die eigene Mutter in seiner Filmrolle erkannt hatte, verschwindet der "Billy Elliot"-Star gerne hinter den Rollen: "Ich mag Aufmerksamkeit nicht so besonders. Wahrscheinlich bin ich im falschen Business."
Seit seinem achten Lebensjahr ist der Brite ein glühender "Tim und Struppi"-Fan - und wie die Technologie tatsächlich funktioniert, mit der sein Schauspiel in den Computer übertragen wurde, hat er immer noch nicht ganz kapiert. Aber eines weiß er: "Das Spielen dieser Rolle war unheimlich anstrengend - noch mehr als das Tanzen für ,Billy Elliot'. Es gibt keine Pausen, wie beim normalen Dreh, wo man dazwischen Ort oder Kostüme wechselt. Der Computer berechnet jede Bewegungen, die man macht. Der ganze Körper muss dauernd arbeiten."
Comic: Der Welterfolg von Hergés Serie
Hergé ist der Künstlername von Georges Remi und ein Wortspiel mit der französischen Aussprache seiner Initialen in umgekehrter Reihenfolge: R. G. Das berühmteste und umfangreichste Werk des 1907 in Brüssel geborenen Comic-Zeichners und Autors ist die Abenteuer-Serie "Tim und Struppi". Sie erschien ab 1929 unter dem Originaltitel "Les aventures de Tintin".
Tim und Struppi: Von der Comic-Serie erschienen 24 Alben, die sich mehr als 250 Millionen Mal verkauften und in rund hundert Sprachen übersetzt wurden. Hergé war ein "Schreibtisch-Reisender", seine Zeichnungen basierten auf Darstellungen in Reise-Magazinen. Er starb 1983 bei Brüssel, nur wenige Tage, bevor er sich mit Steven Spielberg treffen wollte.
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