100 Jahre Leica: Klein, praktisch, gut

Eine Frau mit Handschuhen posiert auf einer Straße in Paris.
Vor 100 Jahren revolutionierte die Leica-Kamera die Welt der Fotografie. Plötzlich waren die Fotografen „ganz dicht dran“, „mitten im Geschehen“ und jederzeit einsatzbereit. Eine Schau in Hamburg zeigt zahlreiche Ikonen der Fotografie.

Ein Eintrag im Werkstattbuch belegt: Spätestens im März 1914 hatte Oskar Barnack, seinerzeit Feinmechaniker bei Ernst Leitz, Wetzlar, das erste funktionstüchtige Modell einer Kleinkamera für 35 mm-Kinofilm fertiggestellt. Mit der kriegsbedingt erst 1925 eingeführten Leica (Abkürzung von Leitz und Camera) war nicht einfach ein neuer Fotoapparat erfunden. Die kleine, verlässliche, stets einsatzbereite Kamera markiert einen Paradigmenwechsel in der Fotografie. „Die Leica ermöglichte eine ganz besondere Art des Sehens, sie war das Handy des früheren Jahrhunderts“, sagte Kurator Hans-Michael Koetzle dazu in Hamburg. „Man geht einfach los und trifft auf etwas, was sich plötzlich anbietet.“

Die Ausstellung „Augen auf! 100 Jahre Leica Fotografie“ im Haus der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen unternimmt zum ersten Mal den Versuch, den durch die Erfindung der Leica provozierten Umbruch in der Fotografie umfassend darzustellen. Bis zum 11. Januar sind rund 550 Fotografien von mehr als 140 Künstlern zu sehen, darunter Arbeiten von Henri Cartier-Bresson, Robert Capa, Christer Strömholm, Robert Frank, Bruce Davidson, René Burri und Thomas Hoepker. Beginnend von Fotografien aus dem Ersten Weltkrieg von Oskar Barnack bis zu aktuellen Porträts von Bruce Gilden zeigt die Schau die Geschichte der Kleinbildfotografie von den Anfängen bis heute. Nach der Hamburger Premiere wandert die Ausstellung weiter nach Frankfurt, Berlin, Wien und München.

Impressionen der Ausstellung

Ein Matrose küsst eine Krankenschwester in einer Menschenmenge auf dem Times Square, New York.

Ein älterer Mann mit Brille trinkt Kaffee und liest Zeitung.

Eine stilvolle Frau in Paris verdeckt ein Auge mit einem Handschuh.

Draufsicht auf Radfahrer und Passanten, deren Schatten lange auf den Asphalt fallen.

Ein Mann zündet einer anderen Person, die eine Zigarette im Mund hat, eine Zigarette an.

Ein Mann mit Brille und Schnurrbart trägt einen Stapel Geldscheine im Mund.

Eine Frau geht eine lange Treppe hinunter, im Hintergrund zwei Straßenbahnen.

Ein Mann mit bandagierter Hand raucht auf einer belebten Straße, während eine ältere Dame wartet.

Eine belebte Straße mit Kopfsteinpflaster und Fachwerkhäusern in einer deutschen Stadt um 1900.

Eine belebte Straße in einer Stadt mit Menschen, einer Straßenbahn und einem Pferdekarren.

Historische Aufnahme einer Überschwemmung in einer Stadt, Menschen fahren mit Booten durch das Wasser.

Eine Frau fotografiert sich selbst im Spiegel mit einer alten Kamera.

Ein Mann steht inmitten einer Herde Pferde, im Hintergrund eine Gruppe von Menschen auf einer Anhöhe.

Eine Person sitzt auf einem Stuhl im Nebel, der von Lichtern erhellt wird.

Ein Mann zieht ein langes Seil über einen grauen Platz.

Eine Frau mit einer Beinprothese duscht in einem Badezimmer.

Eine Person sitzt mit einer Zeitung über dem Kopf auf einer Bank.

Ikonen der Fotografie

Zu sehen sind weltberühmte Ikonen der Fotografie: Das unbekleidete vietnamesische Mädchen, das vor einem Napalm-Angriff flieht, von Nick Ut (1972), der Matrose, der spontan eine Krankenschwester auf dem Times Square küsst, von Alfred Eisenstaedt (1945) und der russische Soldat, der im zerstörten Berlin die sowjetische Fahne hisst, von Jewgeni Chaldej (1945). Jedes dieser Bilder hat Geschichte geschrieben und sich in das Gedächtnis der Menschheit eingeprägt - ebenso wie das Foto „Falling Soldier“ von Robert Capa (1936) aus dem Spanischen Bürgerkrieg oder das berühmte Porträt von Che Guevara von Alberto Korda (1960), das millionenfach auf T-Shirt, Kaffeetassen und Aufklebern für den Revolutionsführer wirbt.

„Der Mensch ist das große Thema“, sagte Koetzle, der jahrelang eine Leica-Zeitschrift leitete und viele der Fotografen persönlich kennenlernen konnte. „Alle waren oder sind großartige Persönlichkeiten, die einen gewissen Weltveränderungsimpetus haben und sich durch einen Humanismus auszeichnen, der sich vor allem durch seine Nähe zu den Menschen definiert.“ So wie der Schweizer René Burri, der vor wenigen Tagen mit 81 Jahren gestorben ist. Er ist in der Ausstellung mit seinem Zyklus „Die Deutschen“ (1959 bis 1962) vertreten: eine Jubiläumsfeier bei Krupp in Essen, die Berliner Gedächtniskirche oder die Hamburger Reeperbahn.

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