Wertvolle Medikamente im Fokus
Von Sandra Wobrazek
In Österreich spielt die pharmazeutische Industrie eine tragende Rolle – nicht nur für die Arzneimittelversorgung, sondern auch für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.
Rund 150 Unternehmen sind in der Branche tätig und bieten 18.000 Menschen Arbeit. Gemeinsam mit Zuliefererbetrieben ergibt das indirekt über 63.000 Beschäftigte.
Stabiler Pharmastandort
Auch die wirtschaftliche Bedeutung ist groß: Mit einem jährlichen Wertschöpfungsvolumen von rund 9,6 Mrd. Euro leistet der Sektor einen spürbaren Beitrag zum heimischen Bruttoinlandsprodukt.
In Krisenzeiten wird deutlich, wie wichtig ein stabiler Pharmastandort ist, denn die Unternehmen sichern Versorgung, Innovation und Arbeitsplätze – und garantieren, dass Medikamente auch in unruhigen Zeiten verfügbar bleiben.
Detaillierte Notfallpläne
Vor allem für Menschen mit komplexen und seltenen Erkrankungen ist es unverzichtbar, dass Arzneimittellieferungen kontinuierlich erfolgen, betont Maria Löflund, Leiterin der Produktionsstandorte von Takeda in Wien. Entsprechend hoch sei der Anspruch an Versorgungssicherheit.
Von seinen Standorten in Österreich beliefert das Pharmaunternehmen 100 Länder mit Medikamenten. Takeda Wien ist einer der größten biopharmazeutischen Produktionsstandorte.
Auch deshalb arbeitet man mit Sicherheits- und Qualitätsstandards, die weit über gesetzliche Vorgaben hinausgehen. „Wir haben ein sehr robustes Krisenmanagement“, betont Maria Löflund, die sagt, dass die Produktion für Ernstfälle mit mehrfachen und zusätzlich abgesicherten Systemen ausgestattet sind.
„Wir haben detaillierte Notfallpläne, die bei Krisentrainings geübt und aktualisiert werden. Während der Pandemie konnten wir den Betrieb ganz ohne Unterbrechung aufrechterhalten.
Dank klar definierter Krisenstrukturen, eng verzahnter Produktions- und Logistikteams und des hohen Verantwortungsbewusstseins unserer Mitarbeitenden.“
Takeda investiert global, und speziell in Wien, kontinuierlich in technologische Redundanzen (doppelte Systeme), Automatisierung, Digitalisierung und vorausschauende Risikoplanung, so Löflund:
„Unsere Maßnahmen stellen sicher, dass wir Patientinnen und Patienten weltweit kontinuierlich mit lebenswichtigen Medikamenten versorgen können. Die Versorgungssicherheit in Österreich könnte zusätzlich aber weiter gestärkt werden – indem Digitalisierung und integrierte Versorgungslösungen vorangetrieben werden.“
Infrastruktur erhalten
In Krisen ist es wesentlich, dass ein gewisses Maß an In-frastruktur aufrechterhalten wird – um die Energieversorgung und die Versorgung mit Treibstoff für Stromversorgung oder Transportmittel zu gewährleisten, sagt Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig, der Interessenvertretung der österreichischen pharmazeutischen Industrie.
„Ebenso ist es essenziell, dass Personal, das vor Ort unabdingbar ist, auch zur Arbeitsstätte kommen kann. Außerdem kann es notwendig sein, dass die Produktionsstätten vor Angriffen geschützt werden müssen.“
Ulrich Wieltsch, Obmann des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreich (FCIO), berichtet, dass aktuell die Lieferketten erfreulicherweise stabil sind. Außerdem haben die Unternehmen Krisenpläne, um rasch reagieren zu können, falls sich die Rahmenbedingungen ändern sollten – und, um die strengen rechtlichen Vorgaben für Unternehmen der kritischen Infrastruktur zu erfüllen.
„Ein weiterer wesentlicher Punkt, auf den alle Unternehmen achten, ist die Cybersicherheit.“
Wieltsch verweist auf die Abhängigkeit von Wirk- und Rohstoffherstellern in Ostasien und betont, dass europäische Produzenten dem starken Preisdruck bei Wirk- und Rohstoffen nicht standhalten können und die Produktion einstellen müssen:
„Als Gesellschaft müssen wir uns fragen, was uns Sicherheit und Unabhängigkeit wert sind. Wollen wir uns für den Preis von ein paar Cent oder Euro pro Medikamentenpackung in die Abhängigkeit von Ländern wie China und Indien begeben? Oder sind wir bereit, in unsere Unabhängigkeit zu investieren?“
Energieabhängigkeit
Gleich, ob Cyberangriff, Blackout, Naturkatastrophe, Pandemie oder geopolitischer Konflikt – Wieltsch ist überzeugt, dass es die größte Aufgabe als Gesellschaft und als Land ist, die Energie- und Rohstoffabhängigkeit von anderen Ländern zu reduzieren:
„Der Ausbau der erneuerbaren und Nutzung der eigenen fossilen Energiequellen sowie die Erhaltung der industriellen Produktion in Europa sind die richtigen Antworten auf diese Herausforderungen.“
Dabei hat jedes Unternehmen Notfallpläne, die genau auf seinen jeweiligen Standort zugeschnitten sind. Die Erfahrung mit der Pandemie aus dem Jahr 2020 sollte Zuversicht und Selbstvertrauen geben, ist der FCIO Obmann überzeugt.
Er erinnert, dass die Branche rasch und flexibel reagiert, die Produktion aufrechterhalten und dabei die Gesundheit aller Mitarbeitenden geschützt hat. „Auch die Gasknappheit, in die uns Russland 2022 ganz bewusst geführt hat, haben wir mit Kreativität und Geschick gemeistert. Wir können Krise – als Industrie, aber auch als österreichische Gesellschaft.“
Sicherheitskultur
Maria Löflund sagt, dass Takeda mit seinen verschiedenen externen Partnern laufend an langfristigen Strategien arbeitet, um den Bezug kritischer Rohstoffe zu gewährleisten.
„Unsere Sicherheitskultur ist tief in allen Unternehmensbereichen verankert. Denn die Herstellung biopharmazeutischer Produkte ist technologisch äußerst anspruchsvoll und erfordert stabile Prozesse, qualifizierte Fachkräfte und eine lückenlos kontrollierte Umgebung.“
Für Standorte wie Takeda Wien bedeutet das, so die Standortleiterin, dass die hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards auch unter externen Belastungen jederzeit gewährleistet werden müssen:
„Denn die Patientinnen und Patienten verlassen sich auf uns. Und genau diese Verantwortung bestimmt unser tägliches Handeln.“
Ebenso von großer Bedeutung sei es, betont FCIO Obmann Wieltsch, dass andere zentrale Produktionsmittel verfügbar sind: „Hier braucht es starke staatliche Strukturen, die wir haben, erhalten, anpassen aber auch verbessern müssen.
Dann werden im Ernstfall auch die Betriebe ihre Notfallmaßnahmen erfolgreich umsetzen können.“ Im Fall der Fälle, ist Wieltsch überzeugt, sind zwei Dinge unverzichtbar: Zielklarheit und Geschwindigkeit.
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