Schneller zu innovativen Therapien

Ein Arzt in weißem Kittel reicht einem Patienten eine Blisterpackung mit Tabletten.
Neue Medikamente verändern Leben – doch sie müssen rasch bei den Menschen ankommen. Fachleute fordern ein Umfeld, das Forschung, Bewertung und Marktzugang stärker verzahnt und Innovationen gezielt fördert.

Von Sandra Wobrazek

Bis ein neues Medikament oder eine neue Therapie bei den Patienten ankommt, vergeht viel Zeit: Von der Forschung bis zur Anwendung vergehen im Schnitt 13 Jahre – für viele Experten zu lang.

Überlebenswichtig

Ein schneller Marktzugang, sagt Nicole Schlautmann, Managing Director bei Merck Sharp & Dohme, ist kein „nice to have“, sondern wortwörtlich überlebenswichtig für Patienten. Denn jede Verzögerung bedeutet, dass Betroffene länger auf oft lebensverändernde Therapien warten müssen.

„Neue Medikamente – etwa in der Immunonkologie oder bei seltenen Erkrankungen – verändern heute ganze Krankheitsverläufe. 

Damit diese Fortschritte auch tatsächlich bei den Menschen ankommen, braucht es ein Umfeld, das Innovationen nicht bremst, sondern aktiv unterstützt. Österreich kann es sich schlicht nicht leisten, diese Chancen zu verspielen“, so Schlautmann.

Mehr Unsicherheiten

Generell ist ein schnellerer Marktzugang wünschenswert. Filippo Fontana, Country President von AstraZeneca Österreich, verweist auf Länder, die innovationsfreundlichere Rahmenbedingungen bieten – etwa schnelleren Zugang, aber auch höhere Preise für innovative Therapien: „In Österreich sehen wir derzeit eine gegenläufige Entwicklung – mit zunehmenden Unsicherheiten durch das neue Bewertungsboard.“

Der Zusatznutzen innovativer Arzneimittel, betont Filippo Fontana, wird kaum ausreichend anerkannt.

Hinzu kommt: Bei Indikationserweiterungen – das heißt, wenn ein Medikament zur Behandlung zusätzlicher Erkrankungen weiterentwickelt wurde – sinkt der Preis. „Man ist gezwungen, ein verbessertes Produkt zu einem niedrigeren Preis anzubieten – das gibt es tatsächlich in keiner anderen Branche.“

Verzögerungen

Häufig verzögert sich der Marktzugang im niedergelassenen Bereich durch komplexe Prozesse, berichtet Nicole Schlautmann.

Neben Preis- und Erstattungsverhandlungen sind das auch fragmentierte Zuständigkeiten und mangelnde Transparenz von Entscheidungswegen im Gesundheitssystem: „Wenn neue Medikamente Krankenhausaufenthalte verkürzen, Leben verlängern oder Menschen wieder arbeitsfähig machen, ist das ein Gewinn für die Gesellschaft. Wer krankheitsbedingt nicht im Job ausfällt, trägt aktiv zum Wirtschaftswachstum bei.“

Wichtig sind in erster Linie eine bessere Abstimmung zwischen relevanten Institutionen sowie eine stärkere Verankerung der klinischen Forschung. Denn transparente Prozesse und ein Bekenntnis zu Innovation ermöglichen es, so Schlautmann, „dass Therapien schneller bei den Menschen ankommen und sie bei besserer Lebensqualität länger aktiv und gesund bleiben“.

Zukunftsfähig

Filippo Fontana verweist auf Deutschland: Dort wird unmittelbar nach der Zulassung der Marktzugang gewährt – die Evaluierung folgt nach sechs Monaten. Zusätzlich wurde eine Pharmastrategie beschlossen, um den Standort zu stärken.

„Relevant ist“, betont Fontana, „dass die Pharmabranche in der geplanten Life Science Strategie der Bundesregierung als wesentlicher Eckpfeiler anerkannt wird.

Das ist entscheidend für einen starken und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort – und für die nachhaltige Versorgung der Patientinnen und Patienten mit innovativen Medikamenten.“

Sandra Wobrazek

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