Pharmaproduktion als Standortfaktor

Pharmaproduktion als Standortfaktor
Hohe Qualitätsstandards, gut ausgebildete Fachkräfte und verlässliche Rahmenbedingungen machen Österreich zu einem wichtigen Produktionsstandort für Arzneimittel.

Von Sandra Wobrazek

Es ist eine nicht gerade geringe Summe, die die Mitgliedsbetriebe der PHARMIG zwischen 2013 und 2018 in den Standort Österreich investiert haben: bis zu 2,6 Mrd. Euro.

Kein Wunder, denn die sehr gute Infrastruktur, hohe Exzellenz in der Forschung, umfassende Kooperationen mit Universitäten und Fachhochschulen sowie sehr gut ausgestattete Spitäler sind für die Unternehmen schlagende Argumente.

Arbeitsplätze schaffen

Die Pharmabranche ist auch ein bedeutender Arbeitgeber mit einem Umsatz von 4,7 Mrd. Euro und einer Wertschöpfung von 9,6 Mrd. Euro (entspricht 2,8 Prozent des BIP): 18.000 Menschen arbeiten in 150 Unternehmen der pharmazeutischen Industrie – an 62 Hauptstandorten, 22 Produktionsstandorten und 26 Standorten für Forschung und Entwicklung.

Die Mehrheit (85 %) davon sind KMU, während der Rest Großunternehmen ist. Damit die Produktion in Österreich bleibt und nicht ins außereuropäische Ausland abwandert, braucht es umfassende wirtschaftliche Anreize. Vertreter der Branche verweisen auf die Pharmaindustrie als Innovationstreiberin, bedeutender Wirtschaftsfaktor und Partnerin im Gesundheitswesen.

Sicherheit und Stabilität

Roland Huemer, Vorstandsvorsitzender der Richter Pharma AG, sagt, dass Österreich mit politischer Stabilität und Rechtssicherheit überzeugt. Soziale Sicherheit und die hohe Lebensqualität ziehen prinzipiell gut ausgebildete Fachkräfte aus dem In- und Ausland an: „Österreich muss aber den Kosten- und Regulierungsdruck meistern, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben“.

Als österreichisches mittelständisches Unternehmen hat Richter Pharma kürzlich 35 Millionen Euro in eine neue Produktionsstätte investiert – ohne Förderungen. Damit Pharmaunternehmen mit weiteren Investitionen in Österreich folgen, braucht es ein technologie- und innovationsfreundliches Umfeld sowie wettbewerbsfähige Lohn- und Energiekosten, fordert Huemer.

Hohe Kosten

Marco Pucci, Country President & Country Head Commercial Operations Sandoz GmbH, schätzt an Österreich die gut ausgebildeten Fachkräfte, die fundierte Lehre sowie die intensive Zusammenarbeit mit Universitäten und Fachhochschulen: „Ein stabiles politisches Umfeld erleichtert die unternehmerische Planbarkeit und eine offene Gesprächskultur zwischen Gesellschaft, Politik und Industrie stärkt den Standort.“

Sehr hohe Kosten für Energie, Rohstoffe und Löhne bei gleichzeitig niedrigen Medikamentenpreisen in Österreich und Europa stellen die Branche aber vor eine große Herausforderung, wettbewerbsfähig zu produzieren und die Versorgung zu sichern.

„Neben Maßnahmen in der Industriepolitik erachten wir einen Paradigmenwechsel als notwendig: Gesundheitssysteme müssen weg vom Billigstbieter- hin zum Bestbieter-Prinzip“, so Pucci.

Bessere Versorgung

Mehr Medikamente in Österreich zu produzieren, weiß Roland Huemer, stärkt unter anderem die Versorgungssicherheit, schützt Patienten vor Engpässen – und schafft Arbeitsplätze: „Eine stabile Versorgung ermöglicht es, dass Menschen länger gesund im Arbeitsprozess bleiben. Dies stärkt wieder die Wertschöpfung im Land und bietet Investmöglichkeiten in die Infrastruktur der Versorgung.“

Das Unternehmen Sandoz zum Beispiel betreibt im Tiroler Ort Kundl die letzte große, vollintegrierte Produktion von Penicillinen in der westlichen Welt und steht damit im Wettbewerb zu Betrieben in Asien.

Effizienz steigern

Bei sehr hohen Kosten für Energie, Rohstoffe und Löhne, aber gleichzeitig niedrigen Medikamentenpreisen in Österreich und Europa geht es darum, so Marco Pucci, wettbewerbsfähig zu produzieren: „Wir haben in unseren Tiroler Standort investiert, um Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Mit Blick in die Zukunft braucht es einen Schulterschluss von Politik und Industrie, um Europas Souveränität in der Arzneimittelversorgung abzusichern und die Medikamentenproduktion als Schlüsselindustrie zu stärken.“ 

Denn die lokale Produktion, erinnert er, schafft viele wertvolle Arbeits- und Ausbildungsplätze: „Darüber hinaus steigert sie die Wertschöpfung im Land und erhöht die Resilienz Europas in der Arzneimittelversorgung.“

Sandra Wobrazek

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