„Ohne Standards wäre Österreich deutlich verwundbarer“

Valerie Höllinger
Valerie Höllinger, Managing Director von Austrian Standards, spricht über die Rolle von Normen in einer komplexen Welt.

Standards bilden die Basis vieler sicherheitsrelevanter Bereiche – von Energie über Wasser bis zur Medizin. Valerie Höllinger, Managing Director von Austrian Standards, erklärt im Interview, warum Normen gerade in Krisen unverzichtbar sind.

Wie sicher wäre Österreich ohne Standards, insbesondere bei kritischer Infrastruktur wie Strom, Wasser, Verkehr oder Spitälern?

Valerie Höllinger: Ob Strom aus der Steckdose kommt, sauberes Wasser aus dem Hahn fließt oder ein Spitalsbetrieb rund um die Uhr funktioniert: Hinter all dem stehen klare, fachlich entwickelte Regeln – wie z. B. Standards.

Diese machen Österreich jeden Tag sicherer – im normalen Alltag genauso wie in Krisensituationen. Ohne Standards wäre das Risiko für Ausfälle, Cyberangriffe oder schwere Störungen viel höher. 

Sie sorgen für Verlässlichkeit, Stabilität und Widerstandskraft und damit dafür, dass unser Leben sowohl im Routinebetrieb als auch in Ausnahmesituationen zuverlässig funktioniert.

Wie unterstützen Standards insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei, komplexe Sicherheitsanforderungen zu bewältigen? Standards bündeln aktuelles Fachwissen und machen es für Betriebe jeder Größe anwendbar – ohne dass sie eigene Expertenteams aufbauen müssen.

Zudem schaffen Standards klare Prozesse und Nachweisführungen, die im Ernstfall Rechtssicherheit geben. So ermöglichen sie KMU, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und dennoch ein hohes Sicherheitsniveau zu gewährleisten.

Welche neuen oder weiterentwickelten Standards sind als Reaktion auf Krisen wie Pandemie, Energiekrise oder Lieferkettenprobleme entstanden? 

In den letzten Jahren wurden viele Standards überarbeitet und neu entwickelt, um besser auf Krisen reagieren zu können – von Pandemie bis Energieknappheit. 

Dazu zählen Regeln, die Unternehmen helfen, ihre Abläufe auch im Notfall aufrechtzuerhalten oder ihre Lieferketten robuster zu machen. Außerdem wurden Vorgaben für eine transparentere und nachhaltigere Beschaffung gestärkt, damit Betriebe weniger abhängig von einzelnen Quellen sind. 

All diese Standards haben ein Ziel: unsere Versorgung sicherer sowie stabiler zu machen – das auch in herausfordernden Zeiten – und die Resilienz Österreichs zu stärken.

Welche Sicherheitsfelder werden für Austrian Standards in den nächsten Jahren am wichtigsten sein und was sollte die Politik beitragen, um Standards als Sicherheitsfaktor weiter zu stärken? 

Was die Welt in den nächsten Jahren beschäftigen wird, sind KI, Kreislaufwirtschaft, Resilienz und die allgemeine Transformation der Wirtschaft. Auch die Baubranche steht vor großen Herausforderungen und sucht nach Alternativen zu bisherigen Lösungen. 

Wir sehen uns als Enablerin und möchten als erste Ansprechpartnerin in Sachen Normung dazu beitragen, zukunftsfähige Ideen zu entwickeln. Auch die allgemeine Forderung nach Deregulierung ist gut nachvollziehbar – dabei beziehen sich viele primär auf gesetzliche Vorgaben und Regelwerke.

Gleichzeitig arbeiten wir an KI-unterstützten Tools, um unser Angebot noch gezielter an den Bedürfnissen unserer Kunden auszurichten. Durch den demografischen Wandel werden künftig Experten in der Normung fehlen – dabei ist Nachwuchs entscheidend, damit europäische Werte im internationalen Wettbewerb weiterhin Gewicht haben, gerade weil große Player wie China ihre Vorstellungen sehr stark einbringen, die nicht immer mit unseren kompatibel sind. 

Jeder kann sich aktiv beteiligen – durch Mitarbeit in Fachkomitees, das Kommentieren von Entwürfen oder durch Verbesserungsvorschläge – und so Standards mitgestalten, die Sicherheit, Innovation und Nachhaltigkeit vorantreiben.

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